Ein Geschädigter muss nach österreichischem Recht grundsätzlich so gestellt werden, wie er bei korrektem Verhalten des Schädigers stehen würde. So muss auch ein geschädigter Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Beratung ein “falsches“ Wertpapier erworben hat, nach Lehre und Rechtsprechung so gestellt werden, wie er bei ordnungsgemäßem Ratschlag gestanden wäre. In der Entscheidung 7 Ob 77/10i hat der OGH folglich erkannt, dass der gesamte Kaufpreis nur dann zurück zu erstatten sei, wenn der Kläger bei ordnungsgemäßer Beratung keine (anderen) Wertpapiere erworben, sondern das Geld etwa auf ein Sparbuch gelegt und so keine Kursverluste erlitten hätte. Galt diese Berücksichtigung der “hypothetischen Alternativveranlagung“ grundsätzlich nur für solche Konstellationen, in denen der Anleger aufgrund der Empfehlung ein “falsches“ Wertpapier erworben hatte, war die Frage nach der Berücksichtigung der “hypothetischen Alternativveranlagung“ bei Situationen, in welchen dem Investor aufgrund einer Fehlberatung von einem Verkauf abgeraten wurde, lange Zeit nicht klar. In der Entscheidung 4 Ob 19/12s entschied der OGH rechtsfortbildend, dass es auf eine “hypothetische Alternativveranlagung“ mangels vorgefassten Anlageentschlusses dann nicht ankommt, wenn der Anleger eine bestehende Anlage veräußern und nicht zu gleich neu veranlagen wollte.
In der nunmehr neu ergangenen Entscheidung 2 Ob 17/13h vom 13. Februar 2014 stellt der OGH klar, dass auch in den Fällen, in denen vom Verkauf einer gehaltenen Anlage fälschlicherweise abgeraten wurde, dann, wenn von einer Wiederveranlagung des Erlöses auszugehen ist, auch immer die Entwicklung der alternativen Veranlagung zu berücksichtigen ist. Der OGH berücksichtigt aber die Tatsache, dass in derartigen “Verkaufsfällen“, in denen aufgrund des erfolgreichen Abratens vom Verkauf der nicht mehr gewollten Papiere eine Beratung über alternative Anlagemöglichkeiten grundsätzlich nicht stattfinden wird, es dem Anleger besonders schwer fällt, eine konkrete Alternativveranlagung nachzuweisen. Daher und in Einklang mit der Judikatur des OGH, wonach Anleger den Eintritt des Schadens nur “plausibel“ zu machen haben, kommt der OGH folglich zu dem Ergebnis, dass es ausreicht, festzustellen, welche Anlagegattung der Geschädigte bei ordnungsgemäßer Beratung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gewählt hätte. Maßgebend können nach dem OGH hier in weiterer Folge auch die typischen, etwa durch Indizes belegten Entwicklungen solcher Anlagen (der gewöhnliche Lauf der Dinge iSv § 1293 ABGB) sein.
Fazit dieser Entscheidung ist, dass sich ein Anleger nunmehr in beiden Konstellationen des “unrichtigen Kaufs“ wie “unrichtigen Verkaufs“ ein beabsichtigtes alternatives Investment anrechnen lassen muss. In den Fällen des “unrichtigen Kaufs“ bekommt der Anleger seinen gesamten Kauferlös grundsätzlich nur dann ersetzt, wenn er alternativ diesen Erlös auf ein Sparbuch gelegt hätte. In den Konstellationen des “unrichtigen Verkaufs“ darf der Anleger hingegen im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür geben, dass er den Erlös im Falle eines Verkaufs wieder veranlagt hätte. Auch hier muss der Sachverhalt sohin wiedergeben und der geschädigte Anleger entsprechend vorbringen, dass der Anleger den Erlös sicher, das heißt grundsätzlich auf einem Sparbuch, angelegt hätte.