Ungeachtet davon, welche Brexit Variante nunmehr tatsächlich vereinbart werden wird, eine Zollunion zwischen der Europäischen Union und Großbritannien scheint derzeit ausgeschlossen zu sein. Die Freizügigkeit des Warenhandels wird die Europäische Union nur gemeinsam mit der Freizügigkeit an Personenverkehr zulassen und das hat Großbritannien strikt ausgeschlossen. Damit werden sich Unternehmen darauf einstellen müssen, dass der Handel von Waren mit Großbritannien Zollkontrollen unterliegt.
Zuerst einmal ist ein Zollverfahren ein administrativ aufwendiges Verfahren und jedes Unternehmen wird sich das Fachwissen über das Außenwirtschaftsrecht erarbeiten müssen und eine zertifizierte Zollsoftware in die Warenwirtschaftsprogramme integrieren müssen. Die insbesondere bei einem harten Brexit teilweise sehr hohen Zölle werden dann in der Preiskalkulation in die einzelnen Produkte einberechnet werden müssen. Die gehandelten Produkte müssen im Sinne des Zollrechtes registriert und zugelassen werden, was speziell für Lebensmittel, Gefahrengüter und technische Produkte zu einem erhöhten Aufwand führen kann. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gelten die Europäischen Umwelt- Sicherheits- und Leistungsstandards nicht mehr automatisch in Großbritannien. Die Zulassung von Produkten für den internationalen Handel kann einiges an Registrierungsarbeit erfordern. Sollte es zu keiner raschen Einigung mit Großbritannien kommen, so wird etwa auch das allseits bekannte Gütesiegel der Europäischen Union, das CE-Kennzeichen möglicherweise seine Gültigkeit verlieren.
Durch die zu erwartenden Zollkontrollen wird es zeitlich zu starken Engpässen kommen, sodass die Unternehmerverbände bereits jetzt die Errichtung von zusätzlichen Lagerkapazitäten innerhalb der Europäischen Union anraten. Derzeit werden die meisten zwischen Großbritannien und dem Europäischen Kontinent gehandelten Waren im Lastwagen auf der Straße transportiert und von Dover nach Calais über den Ärmelkanal geschifft. In Dover werden derzeit etwa 2,1 Millionen Lastwagen jährlich abgefertigt, was umgerechnet am Tagesbetrieb bis zu 240 Lastwagen pro Stunde bedeutet. Würde man selbst bei einer administrativ eingespielten Zollabfertigung nur von einer zusätzlichen Kontrolle eines Lastwagens von fünf Minuten ausgehen, so kann es in Dover schnell zu tagelangen Verzögerungen kommen. Die heute in Europa üblichen Lieferketten, deren zeitliches Zusammenspiel genau aufeinander abgestimmt ist, könnte aufgrund von solchen Verzögerungen zu erheblichen Lieferengpässen kommen. Ausdrücklich warnen daher deutsche Unternehmensverbände vor extrem verzögerten Lieferketten und empfehlen den Ausbau von Lagerstätten innerhalb der Europäischen Union.