Das Folgerecht nach § 16b UrhG
Das Folgerecht nach § 16b UrhG
1. Einführung
Das Folgerechts soll Urheber von Werken der bildenden Künste einen Anteil an dem wirtschaftlichen Erfolg des Handels mit Originalen ihrer Werke zusichern. Ziel ist den Urhebern von Werken der bildenden Künste eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg ihres Werkes zu garantieren. Dabei wurde das Folgerecht als ein Vergütungsanspruch gegen den jeweiligen Verkäufer normiert, um die bildenden Künstler prozentuell an der Wertsteigerungen ihrer Werke zu beteiligten. Das Folgerecht steht auch den Erben zu.
2. Internationale und gemeinschaftsrechtliche Grundlagen
Mit der Folgerecht-RL (2001) wurde das Folgerecht in Europa zwingend eingeführt und harmonisiert. Im Zeitpunkt seiner Einführung war es bereits in elf der fünfzehn damaligen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt. Neben Österreich fehlten lediglich Großbritannien, Irland und die Niederlande, die aber eine starke Front gegen die Einführung des Folgerechts auf Europäischer Ebene bildeten. Dies hatte zur Folge, dass die Harmonisierung lediglich auf sehr niedrigem Niveau erfolgte, weshalb den Staaten ein großer Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung zukam. In Österreich wurde das Folgerecht im § 16 b UrhG umgesetzt und ist am 1. Jänner 2006 in Kraft getreten.
Völkerrechtlich betrachtet ist das Folgerecht seit der Brüsseler Fassung verankert (jetzt Art 14ter Abs 1 RBÜ 1967/71). Das Folgerecht zählt aber nicht zu den Mindestschutzrechten der Konvention und unterliegt auch nicht dem Inländergleichbehandlungsgrundsatz.
3. Gegenstand des Folgerechts
Gegenstand des Folgerechts bilden die „Originale von Werken der bildenden Kunst“.
3.1 Bildende Kunst
Unter bildende Kunst sind jedenfalls Bilder, Gemälde, Plastiken, Keramiken, Glasobjekte und Lichtbildwerke zu verstehen. Aber auch jüngere Kunstformen wie in etwa Aktionskunst, kinetische Kunst oder Installationen zählen dazu.
Was Werke der angewandten Kunst anlangt, bestehen in Europa unterschiedliche Regelungen. Im Gegensatz zu den Werken der bildenden Kunst, weisen Werke der angewandten Kunst zusätzlich einen Gebrauchswert auf. Die sicher ergebende Frage, ob nun auch Werke der angewandten Kunst zuzuzählen sind, könnte man leicht entscheiden, indem man die Bestimmung im Lichte des § 3 Abs 1 UrhG auslegt, wonach Werke der angewandten Kunst und der Baukunst auch zu den Werken der bildenden Künste zu rechnen sind.
Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob diese Definition dem gemeinschaftsrechtlichen Folgerecht entspricht, ist vor allem zu bedenken, dass Gegenstände der angewandten Kunst, wie in etwa Baukunst oder Schmuck, zumeist einen erheblichen Materialwert aufweisen. Dennoch sind Werke der angewandten Kunst nicht ausdrücklich von der Folgerechts-RL ausgeschlossen. Grundsätzlich ist darauf abzustellen, ob der Gebrauchswert des Werks gegenüber dessen künstlerischem Wert weitgehend zurücktritt.
3.2 Originale
Als Originale sind grundsätzlich solche Werke zu verstehen, die vom Künstler selbst hergestellt wurden. Originalen stehen in bestimmten Bereichen aber gerade auch nicht vom Künstler selbst hergestellte Folgeexemplare gleich, wie Abgüsse von Plastik-Formen, Papierabzüge von Foto-Negativen bzw digitalen Aufnahmen oder nach Künstlerentwürfen in einer Weberei gefertigte Gobelins. Diese Definition wird noch um eine Sondervorschrift für Kleinauflagen erweitert, wonach als Originale auch solche Exemplare gelten, die vom Künstler selbst oder unter seiner Leitung in begrenzter Auflage hergestellt wurden, wobei solche Werkstücke in der Regel nummeriert, signiert oder vom Künstler auf andere Weise ordnungsgemäß autorisiert sein müssen.
4. Voraussetzungen
Der Vergütungsanspruch besteht bei einer Weiterveräußerung des Originals nach der ersten Veräußerung durch den Urheber. Der Anspruch auf Folgerechtsvergütung steht nur zu, wenn der Verkaufspreis mindestens € 2.500,00 beträgt und an der Veräußerung ein Vertreter des Kunstmarkts - wie insbesondere ein Auktionshaus, eine Kunstgalerie oder ein sonstiger Kunsthändler - als Verkäufer, Käufer oder Vermittler beteiligt ist.
4.1 Vertreter des Kunstmarktes
Als Vertreter des Kunstmarkts zählt das Gesetz Auktionshäuser, Kunstgalerien oder sonstige Kunsthändler auf. Diese sind auf jeden Fall als Vertreter des Kunstmarktes anzusehen. Darüber hinaus ist der Begriff weit gefasst. Eine ausschließliche Ausrichtung auf den Kunsthandel ist ebenso wenig erforderlich wie eine Gewinnerzielungsabsicht, vielmehr reicht eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit aus. Auch eine dauerhafte oder nachhaltige Tätigkeit ist nicht erforderlich, sofern es sich nicht bloß um Gelegenheitsgeschäfte handelt. Antiquitätenhändler, Sammler und Anleger sind deshalb zu den Vertretern des Kunstmarktes zu rechnen. Nicht betroffen dagegen sind Privatankäufe, sofern der Kunsthandelt weder als Veräußerer, noch als Käufer oder Vermittler beteiligt ist. Auch der Öffentlichkeit zugängliche und nicht erwerbsorientierte Museen sind insoweit als „Privatpersonen“ anzusehen.
5. Höhe des Anspruchs
Die Höhe der Folgerechtsvergütung ist degeressiv gestaffelt und wird in Prozenten des Verkaufserlöses berechnet:
4% von den ersten € 50.000,00
3% von den weiteren € 150.000,00
1% von den weiteren € 150.000,00
0,5% von den weiteren € 150.000,00
0,25% von allen weiteren Beträgen;
Die Vergütung beträgt insgesamt jedoch höchstens € 12.500,00.
6. Ausnahmen
Ein Anspruch auf Folgerechtsvergütung steht nicht zu, wenn der Verkäufer das Werk vor weniger als drei Jahren vom Urheber erworben hat und der Verkaufspreis € 10.000,00 nicht übersteigt.
7. Schuldner des Vergütungsanspruchs
Schuldner des Vergütungsanspruches ist grundsätzlich der Veräußerer. Unter Veräußerer ist der bisherige Eigentümer zu verstehen, also bei der Verkaufskommission der Kommittent oder im Fall der Versteigerung der Einbringer. Ob auch der Verkaufskommissionär als Schuldner zu beurteilen ist, wenn er die Veräußerung, wie in der Praxis üblich, im eigenen Namen vornimmt, ist strittig. Dies gilt auch für den Versteigerer der, der den Zuschlag erteilt.
Der österreichische Gesetzgeber hat aber ohnehin von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, neben dem Veräußerer auch den Erwerber und den Vermittler für die Folgerechtsvergütung mithaften zu lassen, und zwar als Bürge und Zahler. Dies gilt auch dann, wenn diese Person nicht dem Kreise der Vertreter des Kunstmarkts angehört.
8. Geltendmachung
Der Vergütungsanspruch fällt grundsätzlich bei jeder Veräußerung an. Schuldner des Vergütungsanspruches ist der Veräußerer. Falls der Kunsthändler als indirekter Stellvertreter auftritt, wird er deshalb zahlungspflichtig. Veräußert der Kunsthändler aber das Werk im fremden Namen, so bleibt der ursprüngliche Veräußerer Schuldner. Dennoch haftet der Vertreter des Kunstmarkts aufgrund der gesetzlichen Sonderbestimmung als Bürge und Zahler.
Der Anspruch kann zur Geltendmachung einer Verwertungsgesellschaft abgetreten werden. Dies ist jedoch nicht zwingend Voraussetzung. Der Künstler hat die Wahl der Rechtewahrnehmung. Der Urheber bzw dessen Erben können den Anspruch gegen den Vertreter des Kunstmarktes auch selbst geltend machen.
9. Verzicht, Rechtsnachfolger, Schutzdauer
Art 1 Abs 1 Folgerechts-RL legt ausdrücklich fest, dass das Folgerecht als unveräußerliches Recht konzipiert ist, und der Urheber hierauf im Vorfeld nicht verzichten kann. Dem folgt § 16b UrhG, wo neben der Unverzichtbarkeit zu Recht auch ausdrücklich dessen Unveräußerlichkeit festgehalten ist. Damit soll verhindert werden, dass der Urheber anlässlich der ersten Veräußerung des Originals auch seinen Beteiligungsanspruch abtritt oder hierauf verzichtet. Da der Urheber in der Regel der schwächere Verhandlungspartner ist, handelt es sich dabei um eine sinnvolle Urheberschutzbestimmung.
Das Folgerecht steht dem Urheber oder seinen Rechtsnachfolgern zu. Nach dem Tod des Urhebers fällt es deshalb an die Urhebererben. Stirbt der Urheber erblos, fällt das Folgerecht dem Staat anheim.
Auf das Folgerecht ist die allgemeine urheberrechtliche Schutzfrist anzuwenden. Diese endet sohin gemäß § 60 UrhG bei Werken der Literatur, der Tonkunst und der bildenden Künste siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers. Bei einem von mehreren Urhebern gemeinsam geschaffenen Werk endet das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tod des letztlebenden Miturhebers.
10. Auskunftsrecht- und Auskunftspflicht
Zu Erleichterung der Rechtsverfolgung wurde den Urhebern bzw der Verwertungsgesellschaft ein gesetzlicher Auskunftsanspruch gegenüber den Vertretern des Kunstmarktes eingeräumt. Folglich haben diese über die folgerechtsrelevanten Vorgänge auf Verlangen des Berechtigten richtig und vollständig alle Auskünfte zu geben, die für die Sicherung der Zahlung aus dieser Veräußerung erforderlich sein können.
Der Anspruch erlischt, wenn die Auskünfte nicht in einem Zeitraum von drei Jahren nach der Weiterveräußerung verlangt werden.
11. Geltendmachung im Ausland
Das Folgerecht gilt in sämtlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der Vertragsstaaten des EWR. Darüber hinaus sehen auch Algerien, Brasilien, Burkina Faso, Chile, Costa Rica, Ecuador, Guinea, Irak, Elfenbeinküste, Kongo, Kroatien, Laos, Madagaskar, Mali, Monaco, Marokko, Peru, Philippinen, Russische Föderation, Serbien und Montenegro, Tunesien, Türkei und Uruguay in ihren Rechtsordnungen eine Folgerecht vor. Ob dieses im konkreten Fall angewendet werden kann, muss im Einzelfall geprüft werden.
Das Folgerecht wird in den USA, in der Schweiz und in China nicht anerkannt.