Die Haftung des Vorstandes bei der Societas Europaea (SE)
Die Haftung des Vorstandes bei der Societas Europaea (SE)
Rechtsgrundlagen für die Societas Europaea (im Folgenden „SE“) bilden die unmittelbar anzuwendende Verordnung (EG) Nr 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der europäischen Gesellschaft (Societé Européenne; SE), im Folgenden „SE-VO“ genannt, die ergänzende Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (im Folgenden „SE-RL“ genannt), sowie in Österreich zusätzlich das Societas Europaea – Gesetz (SEG; BGBl I 2004/67, in Kraft seit 8. Oktober 2004). Subsidiär zu den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und dem SEG gilt die Satzung sowie nationales Aktienrecht (Art 9 SE-VO).
Art 9 SE-VO legt die Rangordnung der verschiedenen Rechtsquellen fest – primär gilt die SE-VO, sekundär gelten die Bestimmungen der Satzung der SE, soweit die SE-VO diese ausdrücklich zulässt, und hinsichtlich der nicht in der SE-VO geregelten Bereiche gilt das SEG, das AktG, sowie die Satzung der SE unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der Aktiengesellschaft nach dem jeweiligen Recht des Mitgliedsstaates, in dem sich der Sitz der SE befindet.
Dualistisches oder monistisches System
Eine SE kann nach zwei verschiedenen Systemen gegründet werden. Im dualistischen System werden die Mitglieder des Leitungsorgans (Vorstand) vom Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat) bestellt und abberufen, jene des Aufsichtsorgans von der Hauptversammlung (Art 39, 40 SE-VO). Dieses Organmodell entspricht weitgehend jenem der AG.
Im monistischen System sehen die §§ 38 ff SEG die Einrichtung eines Verwaltungsrates vor, der die Gesellschaft leitet und die Geschäfte führt. Der Verwaltungsrat wird von der Hauptversammlung für die satzungsmäßige Dauer, maximal jedoch für 6 Jahre bestellt (Art 46 SE-VO). Für die laufenden Geschäfte der Gesellschaft (Vertretung und Geschäftsführung) sind vom Verwaltungsrat „geschäftsführende Direktoren“ auf höchstens 5 Jahre zu bestellen (§§ 56, 59 SEG), diese können, müssen aber nicht dem Verwaltungsrat angehören. Die Direktoren sind gegenüber dem Verwaltungsrat weisungsgebunden. Soweit die Geschäftsführung nicht den Direktoren übertragen ist, sind die Mitglieder des Verwaltungsrates (im Zweifel gemeinschaftlich) zur Geschäftsführung befugt.
Haftung im monistischen System
Die Frage der Haftung des Verwaltungsrates gegenüber der Gesellschaft ist zentral. Charakteristisches Merkmal im monistischen System ist ja gerade die Kombination von Leitungs- und Überwachungsfunktion in einem einzigen Organ. Der Verwaltungsrat haftet gemäß § 55 SEG, die geschäftsführenden Direktoren gemäß § 57 Abs 3 SEG für die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters bzw geschäftsführenden Direktors. Maßgeblich sind jeweils die konkrete Aufgabenstellung und die Pflicht zur eigenständigen Leitungsentscheidung bzw Überwachung. Mit Ausnahme der jeweils funktionalen Zuordnung und unter der Einschränkung, dass sich in diesem Haftungsregime regelmäßig Problemstellungen daraus ergeben können, dass die Begriffe „ordentlicher Geschäftsleiter“ und „geschäftsführender Direktor“ als europarechtlich vorgegebene Begriffe autonom auszulegen sind , gilt das im Folgenden zur Haftung im dualistischen System Gesagte. Weiterführende Literatur insbesondere zum Weisungsrecht der Hauptversammlung gegenüber dem Verwaltungsrat bietet etwa Rauter, Probleme der Umsetzung des monistischen Systems der SE-VO in Österreich, wbl 2010, 449 sowie Kalss, Die Europäische Gesellschaft (SE) österreichischer Prägung nach dem Ministerialentwurf, GesRZ 2004, 91.
Haftung des Leitungsorgans im dualistischen System
Im Falle der dualistischen Verfassung der SE ist das österreichische AktG über Art 9 SE-VO anwendbar. Dies ergibt sich daraus, dass in Art 39 Abs 5 SE-VO nur für die Staaten, die ein dualistisches System in ihrem nationalen Aktienrecht nicht kennen, die Möglichkeit geschaffen wird, entsprechende Vorschriften für die SE zu erlassen. Aus einem Umkehrschluss ergibt sich, dass in den Staaten, in denen ein dualistisches System nach nationalem Aktienrecht bereits besteht, keine speziellen, die SE betreffenden Ergänzungsvorschriften erlassen werden können. Österreich gehört zu diesen Staaten, es findet daher das nationale Aktiengesetz ergänzende Anwendung. Die Spezialregelung durch die SE-VO ist äußerst rudimentär, in den Artikeln 39 bis 42 SE-VO werden lediglich Regelungen hinsichtlich der Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans (im SEG wird auf § 86 Abs 1 AktG verwiesen, daher mindestens drei, maximal 20 Mitglieder), der strikten Trennung der Tätigkeiten von Aufsichts- und Leitungsorgan, sowie Informationsrechte des Aufsichtsorgans getroffen. Die Haftung des Vorstandes richtet sich daher nach dem AktG:
Haftung nach dem AktG
Haftung nach § 84 AktG
Die §§ 55, 57 Abs 3 SEG normieren für die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie die geschäftsführenden Direktoren einer monistisch verfassten SE die sinngemäße Anwendung des § 84 AktG.
Die Vorstandsmitglieder haften nach § 84 AktG für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Damit wird ein dem § 1299 ABGB vergleichbarer objektiver Sorgfaltsmaßstab normiert, insbesondere ist mangelnde Sachkenntnis kein entschuldbarer Umstand.
Bei Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung sind die Mitglieder des Vorstandes der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet, wobei sie sich von der Ersatzpflicht nur befreien können, wenn ihnen der Beweis gelingt, dass sie die in § 84 Abs 1 AktG normierte Sorgfalt eingehalten haben.
In § 84 Abs 3 AktG sind einige Haftungsfälle besonders aufgezählt, erfasst sind davon vor allem Fälle der Einlagenrückgewähr, des Erwerbs eigener Aktien, der Verteilung von Gesellschaftsvermögen, sowie der Ausgabe von Aktien vor voller Leistung des Ausgabebetrages.
Falls Ressortverteilungen bestehen, haftet primär das zuständige Vorstandsmitglied. Die anderen Mitglieder haften, wenn und soweit eine Verletzung von Überwachungspflichten gegeben ist.
Die Haftung nach § 84 AktG besteht gegenüber der Gesellschaft. Gegenüber Gläubigern der Gesellschaft besteht die Haftung nur, soweit diese die Befriedigung ihrer Ansprüche von der Gesellschaft nicht erlangen können. Diese in § 84 Abs 5 AktG normierte Außenhaftung unterliegt mit Ausnahme der in Abs 3 aufgezählten Fälle zusätzlich der Voraussetzung, dass das betreffende Vorstandsmitglied vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Das betreffende Vorstandsmitglied muss ebenfalls den Beweis erbringen, dass es die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters eingehalten hat.
Im Innenverhältnis entfällt die Haftung gegenüber der Gesellschaft, wenn die Handlung durch einen gesetzmäßigen Hauptversammlungsbeschluss gedeckt ist – eine Billigung durch den Aufsichtsrat genügt dazu nicht (§ 84 Abs 4 AktG). Die Gesellschaft kann erst nach fünf Jahren auf Ersatzansprüche gegen den Vorstand verzichten (Zustimmung der Hauptversammlung, außer eine Minderheit von 20% widerspricht). Die Außenhaftung gegenüber den Gläubigern kann dagegen weder durch einen Verzicht noch durch einen Vergleich der Gesellschaft noch dadurch, dass die Handlung auf einem Beschluss der Hauptversammlung beruht oder der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, ausgeschlossen werden (§ 84 Abs 5 AktG).
Die Ansprüche aus einer Haftung gemäß der Bestimmung des § 84 AktG verjähren in fünf Jahren (§ 84 Abs 6 AktG).
4.1.2. Haftung nach den §§ 100f AktG
§ 61 SEG normiert die sinngemäße Anwendung der §§ 100f AktG hinsichtlich der Haftung der Mitglieder des Verwaltungsrates und der geschäftsführenden Direktoren einer monistisch verfassten SE.
Eine Haftung sowohl des Vorstands als auch des Aufsichtsrates kann sich aus einer Anstiftung eines Organmitglieds zu gesellschaftsschädigenden Handlungen unter Ausnutzung von Einfluss auf die Gesellschaft und zum Zweck, für sich oder andere Personen gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen, ergeben. Vorsatz ist erforderlich, anspruchsberechtigt sind die Gesellschaft, geschädigte Aktionäre oder Gläubiger der Gesellschaft, letztere wiederum soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung ihrer Ansprüche erlangen können.
4.2. Haftung nach allgemeinem Schadenersatzrecht
Wie bei der GmbH können sich Ersatzansprüche von Gläubigern gegen Vorstandsmitglieder aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht ergeben. (etwa aus § 69 IO iVm § 1311 ABGB – nicht rechtzeitige Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Vorliegen der insolvenzrechtlichen Voraussetzungen).
4.3. Haftung nach § 22 URG
Die Mitglieder des vertretungsbefugten Organs prüfpflichtiger juristischer Personen, die ein Unternehmen betreiben, haften unter in der Bestimmung näher geregelten Voraussetzungen zur ungeteilten Hand gegenüber der Gesellschaft, wenn sie trotz Vorliegen der Reorganisationsvoraussetzungen ein Reorganisationsverfahren nicht beantragt oder gehörig fortgesetzt haben oder einen Jahresabschluss nicht oder nicht rechtzeitig aufgestellt oder nicht unverzüglich den Abschlussprüfer mit dessen Prüfung beauftragt haben. Die Haftung tritt bei Insolvenz oder Anschlussinsolvenz der Gesellschaft ein und ist auf € 100.000,00 je Person beschränkt und vom Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse geltend zu machen (§ 28 Abs 1 URG). Die §§ 26f URG regeln Fälle, in denen es zum Nichteintritt bzw Entfall der Haftung kommen kann.
Haftung nach dem SEG
Im SEG werden in den §§ 64f weiters Strafbestimmungen und Zwangsstrafen normiert. § 64 SEG qualifiziert bestimmte Handlungen oder Unterlassungen von Mitgliedern ua des Vorstands oder des Verwaltungsrats sowie von geschäftsführenden Direktoren einer SE (diese Bestimmung gilt daher für monistisch als auch dualistisch verfasste SE) als Vergehen, die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen sind:
- Wer in näher bestimmten Fällen gegenüber näher bestimmten Personen die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert oder verschweigt.
- Wer einen gemäß § 81 AktG oder gemäß § 58 Abs 1 SEG angesichts einer drohenden Gefährdung der Liquidität der SE gebotenen Sonderbericht nicht erstattet
In § 65 SEG findet sich eine umfangreiche Aufzählung, welche Normen einzuhalten sind, bei deren Nichtbefolgung die Mitglieder des Vorstands oder des Verwaltungsrates bzw die geschäftsführenden Direktoren die Verhängung von Beugestrafen zu befürchten haben. Auf Grund des Umfanges dieser Aufzählung können die einzelnen Fälle im Folgenden nicht abschließend wiedergegeben werden, es wird jedoch auf die Bedeutung dieser Bestimmung ausdrücklich hingewiesen. Beispielsweise geht es dabei um die Pflicht zur Mitwirkung des Vorstands an der ordnungsgemäßen Einberufung und Vorbereitung der Hauptversammlung gemäß § 105 Abs 2 AktG, die Bereitstellung von Informationen gemäß § 108 Abs 3 AktG, sowie insbesondere auch um die verschiedenen Fälle, in denen eine Pflicht zur Anmeldung in das Firmenbuch vorliegt. Diesbezüglich wird angemerkt, dass das SEG zusätzliche Fälle normiert, in denen bestimmte Tatsachen dem Firmenbuchgericht zu melden sind (zB Eintragung der Durchführung der Sitzverlegung und der Löschung der Gesellschaft gemäß § 15 Abs 5 SEG).
Anhang 1: Relevante Bestimmungen des SEG
Strafbestimmungen
§ 64. (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen ist vom Gericht zu bestrafen, wer als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats oder als geschäftsführender Direktor, Beauftragter oder Abwickler einer Europäischen Gesellschaft (SE)
1. in Berichten, Darstellungen und Übersichten betreffend die Gesellschaft oder mit ihr verbundene Unternehmen, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind, wie insbesondere Jahresabschluss (Konzernabschluss) und Lagebericht (Konzernlagebericht),
2. in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der Gesellschaft,
3. in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung,
4. in Auskünften, die nach § 272 UGB einem Abschlussprüfer oder die sonstigen Prüfern der Gesellschaft zu geben sind, oder
5. in Berichten, Darstellungen und Übersichten an den Aufsichtsrat, den Verwaltungsrat oder deren Vorsitzende die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert oder verschweigt.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer als Mitglied des Vorstands, als geschäftsführender Direktor oder als Abwickler einen gemäß § 81 Abs. 1 AktG oder gemäß § 58 Abs. 1 angesichts einer drohenden Gefährdung der Liquidität der Europäischen Gesellschaft (SE) gebotenen Sonderbericht nicht erstattet.
(3) Das Strafverfahren obliegt den Gerichtshöfen erster Instanz.
Zwangsstrafen
§ 65. (1) Die Vorstandsmitglieder, die Verwaltungsratsmitglieder oder die geschäftsführenden Direktoren oder die Abwickler einer Europäischen Gesellschaft (SE), im Fall einer inländischen Zweigniederlassung die für diese im Inland vertretungsbefugten Personen, sind, unbeschadet der allgemeinen unternehmensrechtlichen Vorschriften, zur Befolgung der §§ 33 Abs. 3, 65a Abs. 3, 81, 89 Abs. 1, 95 Abs. 2 und 3, 96 Abs. 1 und 3, 104 Abs. 1, 2 und 4, 105 Abs. 2, 108 Abs. 3 bis 5, 110 Abs. 1, 118 Abs. 1, 128 Abs. 2, 133 Abs. 1 bis 3, 174 Abs. 2, 197 Abs. 5, 207 Abs. 1, 211 Abs. 1 und 2, 214 Abs. 2, 225k Abs. 1 AktG und der §§ 15 Abs. 5, 24 Abs. 5, 27 Abs. 5, 36, 39 Abs. 4, 41 Abs. 5, 42, 47 Abs. 1 und 58 dieses Bundesgesetzes sowie der §§ 222 Abs. 1 und 281 UGB vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu 3 600 Euro anzuhalten. § 24 Abs. 2 bis 5 FBG ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Anmeldungen zum Firmenbuch nach den §§ 28, 45, 46, 148 Abs. 1, §§ 151, 155, 162, 176, 192 Abs. 4, §§ 215, 225 Abs. 1 erster Satz, § 233 Abs. 5, §§ 240, 248 AktG sowie den §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1, 24 Abs. 1, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 32 dieses Bundesgesetzes werden nicht erzwungen.
Anhang 2: Relevante Bestimmungen des AktG
Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder
§ 84. (1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Über vertrauliche Angaben haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Obliegenheiten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Sie können sich von der Schadenersatzpflicht durch den Gegenbeweis befreien, daß sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet haben.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Bundesgesetz
1. Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt,
2. den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt,
3. eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4. Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5. Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6. Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat; dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind,
7. Kredit gewährt wird,
8. bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst nach fünf Jahren seit der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich darüber vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zwanzig vom Hundert des Grundkapitals erreichen, widerspricht. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig oder überschuldet ist und sich zur Überwindung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mit seinen Gläubigern vergleicht.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Abs. 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht oder der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Masse- oder Sanierungsverwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
DRITTER ABSCHNITT
Gemeinsame Vorschriften für die Mitglieder des Vorstands und des
Aufsichtsrats
Handeln zum Schaden der Gesellschaft zwecks Erlangung
gesellschaftsfremder Vorteile
§ 100. (1) Wer zu dem Zwecke, für sich oder einen anderen gesellschaftsfremde Sondervorteile zu erlangen, vorsätzlich unter Ausnutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln, ist zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Neben ihm haften als Gesamtschuldner die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflichten (§§ 84, 99) gehandelt haben. Sollte der gesellschaftsfremde Sondervorteil für einen anderen erreicht werden, so haftet auch dieser als Gesamtschuldner, wenn er die Beeinflussung vorsätzlich veranlaßt hat.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Einfluß benutzt wird, um einen Vorteil zu erlangen, der schutzwürdigen Interessen dient.
(4) Für die Aufhebung der Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft gilt sinngemäß § 84 Abs. 4 Satz 3 und 4.
Anhang 3: § 22 URG
4. Abschnitt
Haftungsbestimmungen
Voraussetzungen der Haftung
§ 22. (1) Wird über das Vermögen einer prüfpflichtigen juristischen Person, die ein Unternehmen betreibt, ein Insolvenzverfahren eröffnet, so haften die Mitglieder des vertretungsbefugten Organs gegenüber der juristischen Person zur ungeteilten Hand, jedoch je Person nur bis zu 100 000 Euro, für die durch die Insolvenzmasse nicht gedeckten Verbindlichkeiten, wenn sie innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
1. einen Bericht des Abschlußprüfers erhalten haben, wonach die Eigenmittelquote (§23) weniger als 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer (§24) mehr als 15 Jahre beträgt (Vermutung des Reorganisationsbedarfs), und nicht unverzüglich ein Reorganisationsverfahren beantragt oder nicht gehörig fortgesetzt haben oder
2. einen Jahresabschluß nicht oder nicht rechtzeitig aufgestellt oder nicht unverzüglich den Abschlußprüfer mit dessen Prüfung beauftragt haben.
(2) Abs. 1 gilt auch für unternehmerisch tätige eingetragene Personengesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter mit Vertretungsbefugnis eine natürliche Person ist. Es haften die Mitglieder des vertretungsbefugten Organs des persönlich haftenden Gesellschafters mit Vertretungsbefugnis.
(3) Die Haftung besteht bei einem Gesamtvertretungsorgan nur für jene Mitglieder, die die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens abgelehnt haben.
(4) Sonstige Schadenersatzansprüche nach anderen Gesetzen bleiben unberührt.