Bank haftet für die Beratung des Vertriebspartners
Bank haftet für die Beratung des Vertriebspartners
In einer jüngsten Entscheidung (4 Ob 129/12t) hat der Oberste Gerichtshof die Frage beurteilt, in wieweit die Bank für die Tätigkeit eines unabhängigen Vertriebspartners haftet. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, hat sich die Bank zum Vertrieb eines Finanzproduktes eines dritten Vertriebspartners bedient. Dieser Vertriebspartner hat die Finanzprodukte der Bank an die Anleger verkauft und diese auch im Zusammenhang mit den Finanzprodukten beraten. In der Entscheidung geht das Gericht von der Überlegung aus, dass dem Anleger grundsätzlich zwei Finanzdienstleister gegenüber stehen, nämlich einmal die das Finanzprodukt verkaufende Bank und zum Anderen der beratende Wertpapierdienstleister. In einem solchen Fall ist grundsätzlich nur das kundennähere Unternehmen und damit der beratende Finanzdienstleister verpflichtet, dem Anleger gegenüber eine richtige, vollständige und professionelle Beratung zu erbringen. Hat dieser beratende Finanzdienstleister aber mit dem Wissen und dem Wollen der das Produkt verkaufenden Bank den Vertrieb übernommen und besteht zwischen den Finanzdienstleistern ein Rahmenvertrag oder eine ähnliche Vereinbarung, so haftet die Bank für die Beratung des Vertriebspartners. Rechtlich wird der Vertriebspartner zur Hilfsperson der Bank, wenn er mit Wissen und Wollen der Bank typischerweise Aufgaben übernimmt, die sonst regelmäßig im Aufgabengebiet der Bank liegen. Hat die Bank also ein drittes Wertpapierdienstleistungsunternehmen ständig mit dem Vertrieb von Anlageprodukten betraut und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden, so haftet die Bank für die unrichtige Beratung des Vertriebspartners. Diese Haftung ist allerdings nicht unbedingt, sondern ist im Rahmen der üblichen Sorgfaltspflichten zu prüfen.
Ein berühmter Anlassfall in Österreich ist die Vertriebsorganisation AWD, die bekanntermaßen etwa mit der ehemaligen Constantia Privatbank AG eine Rahmenvereinbarung zum Vertrieb der Immofinanz- oder Immoeastaktien abgeschlossen haben soll. Die österreichischen Zivilgerichte haben bereits festgestellt, dass im Zusammenhang mit dem Vertrieb derartiger Aktien bei der ehemaligen Constantia Privatbank AG gewisse Umstände vorgelegen sind, die den Kunden offengelegt hätten werden müssen und in gewissen Fällen Anleger nicht rechtmäßig beraten worden sind. Soweit die ehemalige Constantia Privatbank AG daher gegebenfalls die AWD mit dem Vertrieb der Anlageprodukte Immofinanz und Immoeast betraut hat und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden hat, kann die ehemalige Constantia Privatbank AG demnach auch für allfällige Beratungsfehler des Vertriebspartners AWD haften.