Das Ende des Bankgeheimnisses?

Drucken

Das Ende des Bankgeheimnisses?

Mittwoch, 17 Juni, 2009

Auf bilateraler Ebene haben sich Österreich, Belgien und Luxemburg gemeinsam mit der Schweiz die Anerkennung des „automatisierten“ steuerlichen Informationsaustausches bisher erfolgreich vorbehalten und ihr Bankgeheimnis damit bewahrt. Wegen Steueraffären, wie etwa der Datenklau in Liechtenstein und die Sanktionen der USA gegen schweizerische Banken, sowie allgemein vor dem Hintergrund der maroden Weltwirtschaft und des damit in Zusammenhang stehenden sinkenden Steueraufkommens, sahen sich die G-20 Staaten nun veranlasst, den internationalen Druck auf das Bankgeheimnis zu erhöhen. Am 13. März 2009 haben Österreich und die Schweiz neben Belgien und Luxemburg ihren Vorbehalt zu Art 26 OECD-Musterabkommen nun aufgegeben und ermöglichen damit zukünftig eine neue Form des Informationsaustausches zwischen ihren Steuerbehörden und jenen ihrer Doppelbesteuerungspartner.   

 

Innerhalb der Europäischen Union wird der Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedsstaaten durch die EU-AmtshilfeRL 77/799/EWG gewährleistet. Diese EU-Richtlinie regelt, dass sich die Steuerbehörden der Mitgliedsstaaten gegenseitig alle Auskünfte erteilen, die für die zutreffende Festsetzung der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geeignet sind. Da diese Art des Informationsaustausches mit dem Bankgeheimnis Österreichs, Belgiens und des Herzogtums Luxemburg kollidierte, entschieden sich diese Staaten innerhalb der EU 2004 für eine anonyme Quellenbesteuerung. Die Einhebung und Abfuhr der Quellensteuer ist wegen des hohen Verwaltungsaufwandes trotz des ab 2011 geltenden Steuersatzes in der Höhe von 35 % jedoch unpraktikabel, da von der Quellenbesteuerung weiters hauptsächlich Zinsen aus Sparguthaben und Anleihen, jedoch keine Dividendenausschüttungen und bestimmte Auszahlungen aus Investmentfonds erfasst werden.

 

Für die Schweiz ist die Anpassung an die OECD Standards wohl am einschneidensten, da die Schweiz bisher formalistisch in Fällen der „bloßen Steuerhinterziehung“ im Gegensatz zum gerichtlich strafbaren „Steuerbetrug“ keinerlei Auskünfte erteilte. Liechtenstein hat demgegenüber bereits im Dezember 2008 ein Abkommen zum gegenseitigen Informationsaustausch mit den USA unterzeichnet und auch mit den Staaten der EU auf bilateraler Ebene Gesprächsbereitschaft gezeigt. Das Abkommen zwischen Liechtenstein und der USA ermöglich den Informationsaustausch jedoch nicht rückwirkend und Auskünfte werden daher erst 2010 für den Veranlagungszeitraum 2009 gewährt. Auch für die Schweiz ist anzunehmen, dass keine rückwirkende Auskunftserteilung an ausländische Steuerbehörden erfolgt.      

 

Wann wird eine Steuerauskunft hinkünftig erteilt?

 

Der Vorbehalt zu Art 26 OECD-Musterabkommen hatte zur Folge, dass Österreich, Schweiz, Belgien und Luxemburg am automatisierten Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der OECD Vertragsstaaten nicht teilnahmen. Nach dem Wegfall des Vorbehalts hat eine schriftliche Darlegung des begründeten Verdachts einer Steuerhinterziehung zu erfolgen. Weiters muss die Person des Steuerpflichtigen bezeichnet sein und eine ausreichende Beschreibung des Sachverhalts vorliegen. In Bezug auf Österreich rechtfertigte nach der bisherigen Rechtslage und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur ein verfahrenseinleitender Bescheid einer Finanzstrafbehörde wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses. Es bleibt daher zweifelhaft, ob zukünftig die schriftliche Darlegung einer bloßen Verdachtslage nach der österreichischen höchstgerichtlichen Rechtssprechung für die Durchbrechung des Bankgeheimnisses ausreichen wird. Der Steuerpflichtige hat vor der offiziellen Eröffnung seines Verfahrens dann keine Gelegenheit mehr, die Offenlegung seiner Bankdaten mit rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen. Andererseits ist jedoch nunmehr klargestellt, dass sogenannte „Fishing Expeditions“, bei denen eine ausländische Finanzbehörde ohne einen konkreten Verdacht um Auskunft ersucht, nach Art 26 OECD-Musterabkommens jedenfalls nicht zulässig sind. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass sich die österreichischen Banken im Zweifelsfall an das Erfordernis eines gehörig bekanntgemachten Finanzstrafverfahrens halten und ihren Kunden damit die Gelegenheit geben, Kenntnis von der Offenlegung ihrer Bankdaten zu erlangen.      

 

Wegfall des Bankgeheimnisses und Repatriierung

 

Für österreichische Kunden Schweizer und liechtensteinischer Banken stellt sich nach der internationalen Erosion des Bankgeheimnisses nunmehr verstärkt die Frage, ob Kundendaten an ausländische Steuerbehörden nun bekannt gegeben werden und ob insbesondere eine steuerliche Selbstanzeige hilfreich ist: Vorrausetzung für den Informationsaustausch ist jedenfalls die Umsetzung der Regelungen in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen der beteiligten Länder. Mittelfristig führt die Anerkennung der OECD Standards durch Österreich, Liechtenstein und speziell durch die Schweiz dazu, dass Bankdaten bereits aufgrund eines bloß hinreichenden Verdachts auf Steuerhinterziehung den Steuerbehörden offen zu legen sind. Sollte aufgrund des Wegfalls des Bankgeheimnisses ein Geldvermögen nach Österreich transferiert werden, so kann eine solche Rückführung vor der Umsetzung der OECD-Standards in den Doppelbesteuerungsabkommen über den Weg einer österreichischen Privatstiftung erfolgen. Auszahlungen an einen Begünstigten der österreichischen Privatstiftung unterliegen dann zwar der Kapitalertragsteuer, dafür kann der Begünstigte dann unbesorgt einer zu erwartenden gänzlichen Aufhebung des Bankgeheimnisses in Europa entgegensehen.