Das neue Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung
Das neue Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung
1. Patente könnte derzeit auf der europäischen Ebene in einem „einheitlichen Patenterteilungsverfahren“ gleichzeitig in 35 europäischen Staaten angemeldet werden. Ein einheitlicher Rechtstitel mit eigener Gerichtsbarkeit fehlt jedoch. Denn jedes vom Europäischen Patentamt erteiltes Europäisches Patent muss in jedem Vertragsstaat, für den der Patentinhaber Schutz begehrt, überprüft werden. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents sind vereinheitlicht, die meisten Staaten verlangen aber für die Anmeldung eine vollständige Übersetzung in der jeweiligen Amtssprache, was zu enormen Kosten führen kann. Darüber hinaus muss in jedem einzelnen Staat der Rechtsstreit geführt werden. Ab 2015 soll nun die Anmeldung eines Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung möglich sein. Das Anmeldeverfahren soll dadurch vereinfacht werden.
1.1 Zur Entstehungsgeschichte des Europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung
Bereits in den 70er Jahren wurde in der Europäischen Gemeinschaft ein einheitliches Patent diskutiert. Es sollte jedoch 40 Jahre dauern, bis ein seriöser Reformvorschlag auf den Tisch kam. Im Dezember 2012 wurde die Verordnung betreffend die verstärkte Zusammenarbeit im Hinblick auf einen einheitlichen Patentschutz VO 1257/2012 und die Verordnung betreffend die Übersetzungsregelungen VO 1260/2012 verabschiedet. 25 EU-Staaten haben sich auf diese einheitliche Zusammenarbeit geeinigt. Beide VO traten am 20. Jänner 2013 in Kraft. Sie finden jedoch erst Anwendung, wenn das Internationale Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht in Kraft tritt, das 24 Mitgliedsstaaten im Februar 2013 unterzeichnet haben. Das internationale Übereinkommen über das Einheitliche Patentgericht tritt in Kraft, sobald es von 13 Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist. Österreich hat diese bereits als erstes Land am 7. August 2013 ratifiziert.
2. Das Wesen des Einheitlichen Patents
Die Reform des europäischen Patentrechts soll weniger Bürokratie, mehr Rechtssicherheit und niedrigere Kosten bewirken. Die Änderungen betreffen nicht die materiellen Bestimmungen, sondern das Verfahrensrecht. Das Europäische Patentamt soll seinen Sitz (wie bisher) in München einnehmen. Der künftige Patentgerichtshof (Gericht erster Instanz) wird seinen Sitz in Paris haben. Außenstellen des EU-Patentgerichtshofes soll es in London (täglicher Lebensbedarf, Chemie und Pharmazeutika) und in München (Maschinenbau, Beleuchtung, Heizung, Waffen) geben. Das Berufungsgericht wird seinen Sitz in Luxenburg haben. Die Vertretung vor dem Gericht kann ein Rechtsanwalt oder ein „Europäischer Patentanwalt“ vornehmen.
Ab Ende 2014 wird es nun möglich sein, ein „EU-Patent mit einheitlicher Wirkung“ in der gesamten Europäischen Union anzumelden. Verfahrenssprache ist Englisch, Deutsch und Französisch. Dies soll die Kosten der Anmeldung senken. Will man sein Patent derzeit in 27 Mitgliedstaaten der EU anmelden, betragen die Kosten rund 32.000,00. Nach der Reform sollen die Kosten nicht mehr als € 5.000,00 ausmachen.
3. Kritik an dem neu geschaffenen Einheitlichen Patent
Die Zersplitterung der Instanzen wird kritisiert. Fraglich ist, ob Nebenstellen in London und in München sinnvoll sind. Die zu erwartende Kostenersparnis für die Patentinhaber bewirkt einen Budgetausfall Österreichs an geschätzten € 8 Mio jährlich. Allgemein verliert das nationale Anmeldungsverfahren an Bedeutung. Viele Unternehmen melden ihr Patent gleich bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO, World Intellectual Property Organisation) an. Grundlage ist die Patent Cooperation Treaty (PCT), der mittlerweile 148 Staaten der Welt angehören. Mit einer Anmeldung beantragt man den Patentschutz gleichzeitig in allen Vertragsstaaten. Es müssen die Voraussetzungen nach PCT erfüllt werden, danach entfällt die nationale Prüfung, da PCT die internationalen Standards erfüllt.
Zur Anmeldung berechtigt ist der Angehörige bzw der Anwohner eines Vertragsstaates. Der Antrag ist beim nationalen PA oder direkt bei der WIPO (wenn dies nicht durch nationale Gesetze ausgeschlossen wurde) einzubringen.
Da das „klassische“ europäische Patent nicht abgeschafft wird, hat der Patentanmelder in Zukunft somit 4 Möglichkeiten, sein Patent anzumelden:
- das „alte“ / „klassische“ Europäische Patent
- das „neue“ Einheitliche Europäische Patent
- nationales Patent
- Patent bei der WIPO