Der Antrag nach § 303 ZPO
Der Antrag nach § 303 ZPO
I. Antrag auf Vorlage von Urkunden
Nach § 303 ZPO kann grundsätzlich vom Gegner die Vorlage aller relevanten (vgl § 303 Abs 1 ZPO: „für ihre Beweisführung erhebliche Urkunde“) Urkunden verlangt werden. Die Eigentumsverhältnisse an den Urkunden oder sonstigen Rechte an der Urkunde als solche sind für die Frage der Vorlagepflicht und damit auch die Verwertbarkeit als Beweismittel ebenso unbeachtlich wie allfällige Verwertungsrechte etc (Kodek, ÖJZ 2001, 292). Vielmehr hat der Gesetzgeber im Interesse der Wahrheitsfindung durch § 303 ZPO bewusst eine weitgehende Mitwirkungspflicht der Parteien an der Sachverhaltsfeststellung vorgesehen. Die Mitwirkungspflichten im Beweisverfahren zielen jedoch nur auf die Ermöglichung der Beweisführung ab, nicht aber auf die Ermöglichung der Substantiierung des Tatsachenvorbringens.
II. Auftrag zur Vorlage
Der Auftrag zur Urkundenvorlage an den Gegner erfolgt grundsätzlich nur auf Antrag. Der Antrag kann entweder schriftlich in der Klage (§ 229 ZPO), in der Klagebeantwortung (§ 239 Abs 2 ZPO) oder in vorbereitenden Schriftsätzen (§ 257 ZPO), im bezirksgerichtlichen Verfahren von der unvertretenen Partei auch zu Protokoll oder mündlich in der Streitverhandlung (vgl § 303 Abs 3 ZPO) gestellt werden. Nach § 303 Abs 3 ZPO hat der Entscheidung über den Vorlageantrag, wenn derselbe außerhalb der mündlichen Verhandlung gestellt wird, eine mündliche oder schriftliche Einvernehmung des Gegners vorauszugehen.
Die Entscheidung über einen Vorlageantrag setzt die Anhörung des Gegners voraus. Wird der Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt, dann ist darüber zu verhandeln, also der Gegner mündlich zu hören. Wurde der Antrag außerhalb der Verhandlung gestellt, dann ist der Gegner entweder mündlich im Rahmen der Tagsatzung zu hören oder ihm Gelegenheit zu einer schriftlichen Äußerung einzuräumen. Unterbleibt die Anhörung des Gegners, so liegt darin kein Nichtigkeitsgrund aber – sofern der Gegner den Vorlageauftrag nicht befolgt – in der Regel ein Verfahrensmangel, wird ihm doch dadurch die Gelegenheit genommen, darzutun, dass er nicht im Besitz der Urkunde ist oder nicht vorlagepflichtig ist, was naturgemäß auf die Würdigung der Nichtbefolgung des Vorlageauftrags Einfluss hat.
III. Inhaltserfordernisse des Antrags nach § 303 ZPO
Der Antrag auf Beweismittelvorlage oder auf Duldung von deren Besichtigung muss enthalten:
• die genaue Bezeichnung des Beweismittels, damit der Gegner weiß, welches Beweisstück er vorlegen oder besichtigen lassen muss (es handelt sich sohin um keinen Ausforschungsbeweis)
• die Tatsachen, die mit dem Beweismittel bewiesen werden sollen (das Beweisthema);
• bei Urkunden soll deren Inhalt möglichst vollständig angegeben werden;
• es ist glaubhaft zu machen, dass der Gegner im Besitz des Beweismittels ist;
• es sind jene Tatsachen glaubhaft zu machen, aus denen sich der Anspruch auf Vorlage oder Besichtigung des Beweismittels ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen die Angabe des Rechtsgrundes zur Herausgabe.
Dem Antrag muss entweder eine Abschrift der Urkunde beigelegt werden, oder der Inhalt der Urkunde muss so genau angegeben werden, dass für den Fall der Verweigerung der Vorlage sowohl Besitz als auch Herausgabepflicht des Gegners vom Gericht in freier Würdigung angenommen werden können und dass auch der Inhalt selbst gegebenenfalls als erwiesen angesehen werden kann. Es ist dabei wie bei allen anderen Beweisanträgen zu beachten, dass sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel im Antrag genügend identifiziert werden, da § 303 ZPO nicht dazu geschaffen wurde einen Erkundungsbeweis zu ermöglichen.
Unzureichend ist etwa ein Antrag auf Vorlage der „gesamten Korrespondenz“ oder ein Antrag auf Vorlage „geeigneter Urkunden“. Allerdings wird ein Antrag nicht schon dann als ungeeignet zurückgewiesen werden können, wenn er den Urkundeninhalt nicht mit Vollständigkeit darzutun vermag. Dies falls ist freilich die nachteilige Würdigung (§ 307 Abs 2 ZPO) der Verweigerung der Urkundenvorlage in der Regel nicht oder nur eingeschränkt möglich. Ist der Beweisführer zur genauen Bezeichnung der Urkunde nicht in der Lage, so kann er gemäß § 184 ZPO den Gegner darüber befragen. Die Beantwortung dieser Fragen ist jedoch nicht direkt erzwingbar. Die Verweigerung der Beantwortung ist aber im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 272 ZPO verweist auf die Ergebnisse der „gesamten Verhandlung“) zu berücksichtigen.