Deutsche Erbschaftsteuer wiederum als verfassungswidrig aufgehoben

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Expertise

Deutsche Erbschaftsteuer wiederum als verfassungswidrig aufgehoben

Freitag, 19 Dezember, 2014

Das Deutsche Verfassungsgericht in Karlsruhe hat nunmehr zum wiederholten Male die deutsche Erbschaftsteuer teilweise als verfassungswidrig aufgehoben. Dieses Mal haben die Verfassungsrichter entschieden, dass die Ausnahmeregelungen für Betriebe und Unternehmen dem Gleichheitsgrundsatz verstößt.

Die deutsche Erbschaftsteuer bevorzugt die Vererbung von Unternehmen und Betrieben gegenüber der Vererbung von anderen Werten wie etwa Immobilien oder Geldwerte. Begründet hat das der Gesetzgeber damit, dass die Anwendung des hohen Erbschaftsteuersatzes bei der Vererbung von Unternehmen zu einer Gefährdung der Existenz solcher Unternehmen führen kann und damit Arbeitsplätze gefährdet. Einer nachfolgenden Generation sei nicht zuzumuten, eine derart hohe Erbschaftsteuer zu bezahlen, sonst müssten in vielen Fällen derartige ererbte Unternehmen liquidiert oder verkleinert werden, was Arbeitsplätze kostet und dem Wirtschaftsstandort Deutschland schadet. Eine derartige ungleiche Behandlung der Erbschaftsteuer von betrieblichem und privatem Vermögen sei jedoch nach Auffassung des deutschen Verfassungsgerichtshofes eine unzulässige Ungleichbehandlung. Unzulässig sei darüber hinaus, dass auch Großunternehmen weitgehen von einer Erbschaftsteuer verschont seien, und zwar auch ohne im konkreten Fall eine Erbschaftsteuerbelastung nachzuweisen.

Interessant ist die Entscheidung des deutschen Verfassungsgerichtes insbesondere für die derzeitig laufende Diskussion in Österreich: Die vielfach von politischen Parteien angedachte Sonderregel der Erbschaftsteuer etwa für Betriebe oder Unternehmen ist verfassungsmäßig bedenklich und die gleichen Prinzipien, die der deutsche Verfassungsgerichtshof aufgeworfen hat, gelten auch für die österreichische Rechtsordnung. Damit sind im Falle einer Erbschaftsteuer eben nicht nur die privaten Vermögen des Erblassers zu besteuern, sondern auch das betriebliche Vermögen in vererbten Unternehmen. Und auch bei den Unternehmen selbst ist keine Unterscheidung zulässig, was dazu führt, dass nicht nur die Vererbung von Produktionsunternehmen und Handelsgesellschaften zu einer Besteuerung einer Erbschaft führen würde, sondern auch sämtliche im landwirtschaftlichen Bereich gehaltenen bäuerlichen Liegenschaften und Betriebsmittel. Ähnlich ist es unzulässig, wenn privatwirtschaftlich genutztes Vermögen von Gebietskörperschaften ausgenommen wird, was grundsätzlich dazu führt, dass der gesamte für Wohnzwecke bereitgestellte Liegenschaftsbesitz etwa der Gemeinde Wien auch einem Äquivalent der Erbschaftsteuer zu unterziehen ist.

Unsere Deutschen Nachbarn haben vorgezeigt, dass eine Erbschaftsteuer eine sehr komplexe Regelung darstellt und keine Ausnahmen für Berufsgruppen, Vermögenswerte oder Betriebsstrukturen zulässt. Selbst die in der Gesetzgebung sonst gründlich arbeitenden Deutschen haben nun bereits die vierte Rüge des Verfassungsgerichtshofes erhalten und müssen innerhalb weniger Jahre das Erbschaftsteuerrecht zum wiederholten Male anpassen. Es ist zu hoffen, dass in Österreich der Gesetzgeber vorsichtiger mit den Ausnahmenregelungen umgeht und – falls überhaupt eine Erbschaftsteuer eingeführt wird – diese verfassungskonform ohne rechtswidrige Ausnahmen beschließt.

Dr Christoph Kerres LLM (Georgetown)

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