Dialog am Schubertring "Der Neue Aufsichtsrat"

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Dialog am Schubertring

Dialog am Schubertring "Der Neue Aufsichtsrat"

Donnerstag, 9 Oktober, 2014

Kontrollieren, aber nicht agrieren. Die Presse 08.10.2014 | 18:30 | Von Hedi Schneid. Verantwortung und Anforderungen steigen - höhere Qualifikation ist ein Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Wien. Plaudern, Kontakte pflegen, wenn es sein muss, auch intrigieren und intervenieren: Die Zeiten, als Aufsichtsratssitzungen eher einem Kaffeekränzchen als einem Treffen kompetenter Fachleute glichen, sind vorbei. Oder sie sollten es zumindest sein, wie Wirtschaftsuni-Professor Werner Hoffmann und Rechtsanwalt Christoph Kerres bei einen Diskussionsabend zum Thema „Der neue Aufsichtsrat – Anforderungen an eine wirksame Unternehmensaufsicht“ meinten. Denn nach wie vor sei die Realität äußerst heterogen: „Es gibt, vor allem in börsenotierten Gesellschaften, sehr  professionelle Gremien, wir finden aber auch schreckliche Zustände“, so Hoffmann. Angst vor dem Risiko Skandale von der Telekom Austria über die Hypo Alpe Adria bis zur Buwog und dem Flughafen Wien haben es gezeigt: Nicht nur die Anforderungen an die Aufsichtsräte steigen – auch deren
Verantwortung. Womit allerdings eine Entwicklung Platz greift, die Hoffmann Sorge bereitet: Aus Angst vor Haftungsklagen steige die Risikovermeidung. Damit würden viele Unternehmen aber auch Chancen ungenützt lassen. „Ein Unternehmen impliziert immer Risken – das liegt in der Natur der Sache“, meinte Hoffmann und plädierte für einen ausgewogenen Weg zwischen Risiko und Sicherheit.

Das Aktiengesetz (§70) führe eine lange Liste von Aufgaben für Aufsichtsräte an. Ganz oben stehe die Überwachung, erklärte Kerres. In diesem Punkt stimmen Theorie und Praxis überein, wie Studien von Hoffmann zeigen: Sowohl für Aufsichtsrats- als auch Vorstandschefs hat die Überwachung der Performance von Vorstand und Unternehmen höchste Priorität. An zweiter
Stelle steht die Strategie, dann folgen Risikomanagement, Finanzierung, Nachfolgeplanung und Corporate Governance.
Prüfen, kontrollieren, überwachen, nachfragen: Wer allein schon diese oberste Pflicht wahr- und ernst nimmt, sei voll gefordert. Was qualifiziert einen Aufsichtsrat? Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat es jüngst so formuliert: Ein Aufsichtsrat benötige nicht nur die Fähigkeit, unternehmerisch zu denken, sondern auch Fachkompetenz und Entschlossenheit, die richtigen
Entschlüsse zu fassen. Kein leichtes Unterfangen, wie Kerres betonte. Eigentlich sollte „der Aufsichtsrat den Vorstand hindern, etwas falsch zu machen, ohne zu wissen, was richtig ist“. Die Bezahlung sei daher ein heißer Dauerbrenner. Dabei liege Österreich unter dem internationalen Durchschnitt.

Diversität – nicht nur, was Frauen, sondern auch die Ausbildung und den unternehmerischen Background betrifft – verbessere auf jeden Fall die Qualität, ist Hoffmann überzeugt. Generell ließen sich einige Erfolgsfaktoren festmachen: Börsenotierte Unternehmen mit einem dominanten Kernaktionär (auch einer Familie), in denen der Aufsichtsrat von Eigentümer und Vorstand unabhängig agiert, sind erfolgreicher als etwa Firmen der öffentlichen Hand. Gibt der Aufsichtsrat – und nicht der Vorstand – die Strategie vor, ist ein Flop eher wahrscheinlich. (Die Presse)