"Die neue Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte. Ein Pilotenprojekt."

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"Die neue Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte. Ein Pilotenprojekt."

Dienstag, 25 Juni, 2013

1. Einführung

Seit 15. Mai 2013 ist die neue Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte in Betrieb. Es ist ein Pilotprojekt, das vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gefördert und vorerst auf 9 Monate befristet ist. Der VKI wurde zwar mit der Einrichtung beauftragt, die Schlichtungsstelle soll jedoch weisungsfrei sein. Die Leitung wurde durch die ehemalige Präsidentin des OGH, Dr Irmgard Griss, übernommen. Die Unabhängigkeit soll ebenfalls gewährleistet sein. Der Sitz ist in 1060 Wien, Linke Wienzeile 18.

Die Einrichtung der Schlichtungsstelle für Verbraucher dient der Umsetzung der EU RL über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten. Diese schreibt den Mitgliedstaaten vor, bis 2015 Schlichtungsmöglichkeiten für Streitigkeiten aus Verbrauchergeschäften zu schaffen. Die Ergebnisse der Tätigung der Verbraucherschlichtungsstelle werden nach Ablauf der Testphase evaluiert und ans Ministerium berichtet.

2. Die Grundsätze des Verfahrens vor der Verbraucherschlichtungsstelle

Das Verfahren ist freiwillig, sodass kein „Abziehungsantrag“ an das Gericht notwendig ist. Das Gericht kann auch vor der Beauftragung der Verbraucherschlichtungsstelle angerufen werden. Ein bereits anhängiges Verfahren hindert jedoch die Anrufung der Schlichtungsstelle. Der gleiche Sachverhalt kann nicht von den Parteien ein zweites Mal vorgelegt werden. Da das Verfahren kostenlos ist, wird der Verbraucher vorerst diesen Weg auswählen. Trotzdem ist der Unternehmer nicht verpflichtet, sich auf das Verfahren einzulassen.

Erscheint die Durchführung eines Beweisverfahrens notwendig, das nicht mit den vorhandenen Mitteln realisiert werden kann, kann die Schlichtungsstelle die Behandlung des Falls ablehnen. Der Vertraulichkeit soll großes Gewicht zukommen, die Aussagen vor der Schlichtungsstelle können nicht vor Gericht verwendet werden. Eine Vertretung durch eine Verbraucherorganisation oder einen Rechtsanwalt ist zulässig aber nicht notwendig. Die Entscheidung der Schlichtungsstelle kann nicht im Exekutionsweg durchgesetzt werden. Die Parteien können jedoch vor Gericht einen prätorischen Vergleich gemäß § 433 ZPO abschließen und somit einen Exekutionstitel erlangen.

2.1 Der Tätigkeitsbereich

Die Verbraucherschlichtungsstelle bietet an, bei Streitigkeiten aus Verbrauchergeschäften zwischen den Verbrauchern und den Unternehmern zu vermitteln. Unternehmen im Sinn des § 1 Abs. 2 KSchG ist jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Verbraucher ist jeder, der kein Unternehmer ist.

 Vom Tätigkeitsbereich der neuen Schlichtungsstelle nicht umfasst sind folgende Themen:

  • Patientenrechte
  • Wohnungs- / Hausmietverträge
  • Grenzüberschreitende Verträge

Für die Durchführung eines Verfahrens bei der Verbraucherschlichtungsstelle muss ein konkreter Anspruch vorliegen, die Schlichtungsstelle ist keine allgemeine Beratungsstelle.

Die Branche für Elektro- und Möbelhandel als auch die Bankenbranche hat sich bereit erklärt, an den Verfahren mitzuwirken.

2.2 Der Verfahrensablauf

  1. Kontaktaufnahme des Verbrauchers mit dem Unternehmer
  2. Online Beschwerde gegen den Unternehmer, Zustellungen erfolgen auf die bekannt gegebene E-Mail-Adresse des Verbrauchers (www.verbraucherschlichtung.at)
  3. Erledigung der Beschwerde innerhalb von 90 Tagen
  4. Schlichtungsstelle versucht zwischen den Parteien zu verhandeln
  5. Schlichtungsstelle versucht zwischen den Parteien zu vermitteln
  6. Schlichtungsstelle versucht zu schlichten (Schlichtung im engeren Sinn)
  7. Während der Schlichtung ist die Verjährung gehemmt
  8. Einigung kommt nur zustande, wenn beide Parteien zustimmen