Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 im Überblick

Drucken
Gesetzestext

Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 im Überblick

Freitag, 22 März, 2013

1. Einleitung

Der Zweck der lang erwarteten Verwaltungsreform ist einerseits Kostenminimierung und Einsparung in der Verwaltung, andererseits auch die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes und die Verkürzung der Verwaltungsverfahren. Der österreichische Gesetzgeber hat dabei die Anpassung des österreichischen Rechtsschutzsystems an europarechtliche Standards verfolgt.

Der administrative Instanzenzug wird grundsätzlich abgeschafft, nur in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde bestehen Ausnahmen. Abgesehen davon ist gegen jeden Bescheid eine Beschwerde an ein Verwaltungsgericht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof kann nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen angerufen werden.

1.1. Schaffung der Verwaltungsgerichte

In Umsetzung der Verwaltungsreform wird für jedes Bundesland ein Verwaltungsgericht eingerichtet. Diese nehmen mit 1. Jänner 2014 ihre Arbeit auf. Auf der Bundesebene kommt es zur Errichtung von zwei Verwaltungsgerichten, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht sowie einem Bundesfinanzgericht. Insgesamt werden also elf Verwaltungsgerichte geschaffen (9 + 2 Modell). Damit entfallen ua die Unabhängigen Verwaltungssenate, der Unabhängige Finanzsenat, der Asylgerichtshof sowie zahlreiche andere Sonderbehörden des Bundes.

Nach Art 130 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden:

• gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit
• gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit
• Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde
• gegen Weisungen an Schulbehörden

 

Weitere Zuständigkeiten können durch Bundes- oder Landesgesetz begründet werden.

a) Das Bundesverwaltungsgericht

Die Tätigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ist auf Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, beschränkt. Dies umfasst insbesondere: Asylsachen, UVP- und Vergabeangelegenheiten. Der Sitz befindet sich in Wien, weitere Außenstellen werden in Graz, Innsbruck und Linz eingerichtet.

b) Das Bundesfinanzgericht

Das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben und des Finanzstrafrechts, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden. Grundsätzlich werden die Aufgaben der Unabhängigen Finanzsenate übernommen. Der Sitz befindet sich in Wien, weitere Außenstellen in Feldkirch, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg.

c) Die Landesverwaltungsgerichte

Die Landesverwaltungsgerichte übernehmen grundsätzlich die Aufgaben der unabhängigen Verwaltungssenate.

 

1.2. Die Entscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Verwaltungsgerichte meritorisch oder kassatorisch entscheiden sollen. Gem Art 130 Abs 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit in Verwaltungsstrafsachen in der Sache selbst zu entscheiden. In sonstigen Angelegenheiten hat ein Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn:

• der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
• die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist

Die Verwaltungsgerichte entscheiden durch Einzelrichter, es kann jedoch auch durch Schaffung spezieller Bestimmungen vorgesehen werden, dass Senate zu entscheiden haben.

 

1.3. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 1 B-VG erkennt der VwGH über Revisionen gegen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte wegen Rechtswidrigkeit, Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht und Kompetenzkonflikte zwischen einem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichthof. Die Voraussetzungen einer Revision:

• der Lösung der Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht
• die Rechtsprechung fehlt
• die Rechtsfrage ist in der bisherigen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet
• bei einer geringen Geldstrafe darf vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist

Das Revisionsmodell soll sich grundsätzlich an den Anforderungen der §§ 500ff ZPO orientieren. Jedenfalls soll eine außerordentliche Revision unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein.