Eltern haften doch nicht für Raubkopien ihrer Kinder
Eltern haften doch nicht für Raubkopien ihrer Kinder
Zumindest für die Tätigkeit der Kinder am Computer haften die Eltern in Deutschland nicht mehr. Der Deutsche Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klage wegen Urheberrechtsverletzungen nicht automatisch an die Eltern von minderjährigen Kindern gerichtet werden kann. Die Eltern haften dann nicht für eine Urheberrechtsverletzung der Kinder, wenn sie diese ausreichend über die auch im Internet geltenden Rechte an geistigem Eigentum informiert haben. Haben die Eltern also ihre Kinder darüber belehrt, dass die Teilnahme an einer Internettauschbörse aufgrund von möglichen Urheberrechtsverletzungen unzulässig ist, so haften sie in weiterer Folge nicht für eine allfällige rechtswidrige Teilnahme ihrer Kinder an einer solchen Internettauschbörse. Während also eine Anleitungspflicht besteht, so sind die Eltern nicht zu einer völligen Kontrolle der Computeraktivitäten der Kinder verpflichtet.
Der Richter des Deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) hat die Grenzen der Haftungen der Eltern sehr praxisnah definiert: „Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder den Zugang zum Internet teilweise zu sperren, besteht grundsätzlich nicht“ (BGH I ZR 74/12). Im konkreten Fall ging es um 15 Musiktitel, die der damals 13 Jahre alte Sohn eines Chefarztes illegal aus dem Netz geladen und auch anderen Internetnutzern zur Verfügung gestellt hatte (Filesharing). Für diese Verletzung des Urheberrechts verlangten vier Musikunternehmen Schadenersatz und den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 5400 Euro. Das Oberlandesgericht Köln hatte noch entschieden, dass sich Eltern in solchen Fällen nicht auf Unkenntnis berufen können und zu wirksamen Kontrollen verpflichtet sind. Der Fall werfe „ein grelles Licht“ darauf, dass für viele Eltern der Begriff Erziehungsaufgabe zu einem Fremdwort geworden sei, beklagte der Rechtsvertreter der Musikindustrie nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP in der mündlichen Verhandlung vor dem Karlsruher Bundesgericht. Während früher „auch mal eine Ohrfeige nicht geschadet“ habe, würden Kinder heute an freier Leine laufen gelassen. Der Rechtsvertreter der betroffenen Familie argumentierte hingegen, der Familienfrieden werde zerstört, wenn Eltern ihre Kinder „unter Generalverdacht“ stellten. Von Eltern könne nicht verlangt werden, die Computer ihrer Kinder von einem Fachmann überprüfen zu lassen.
In Österreich ist noch keine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes zu dem Thema gefällt worden: Während die Erstgerichte davon ausgehen, dass die Eltern grundsätzlich für illegale Teilnahmen ihrer Kinder und Internettauschbörsen haften, so gibt es noch keine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes dazu. Letztlich wird sich aber auch die österreichische Rechtsprechung entsprechend damit auseinandersetzen müssen, ob die Belehrung der Kinder über das bestehende Verbot von Internettauschbörsen und die grundsätzliche Anerkennung von Urheberrechten ausreicht, um die Eltern von einer Haftung für unrechte Taten der Kinder zu entbinden.