Exekution auf sonstige Stifterrechte
Exekution auf sonstige Stifterrechte
1. Allgemeines
Neben Änderungen der Stiftungserklärungen kann sich der Stifter auch Mitwirkungsrechte bei Organbestellungen, der Verwaltung des Stiftungsvermögens oder der Bestimmung der Begünstigten vorbehalten. So kann sich der Stifter etwa das Recht zur Bestellung oder zur Abberufung von Organmitgliedern vorbehalten, sowie auch das Recht, sich selbst als Mitglied eines Organs, etwa des Vorstandes oder des Beirats, zu bestellen. Daneben kann sich der Stifter Zustimmungs- oder gar Vetorechte bei der Vermögensverwaltung, insbesondere bei Veranlagungsentscheidungen oder der Entscheidung über die Veräußerung oder Anschaffung von Vermögensgegenständen einräumen. Der Stifter kann zudem auch Stelle sein, welche die Begünstigten bestimmt und auch die Höhe und Modalitäten der Ausschüttung an Begünstigte können an seine Zustimmung gebunden sein.
2. Stifterrechte ohne vermögenswerten Anspruch
Solche Gestaltungs- und Mitwirkungsrechte des Stifters haben je nach Ausgestaltung einen nur unmittelbaren Vermögenswert, jedoch können sie nach den gegebenen Umständen einen geeigneten vermögenswerten Anspruch des Stifters begründen. Hat sich der Stifter ein umfassendes Änderungsrecht vorbehalten, dann kann der Stifter beispielsweise die Begünstigten oder Letztbegünstigten ändern und über eine solche Änderung etwa sich noch selbst nachträglich als Begünstigten oder Letztbegünstigten bestimmen oder es kann ein zuvor in der Stiftungsurkunde nicht enthaltener klagbarer Anspruch auf Ausschüttung begründet werden. Bei Einfluss- und Kontrollrechten des Stifters, wie beispielweise dem Recht auf Nominierung oder Abberufung von Vorstandsmitgliedern, kann die Ausübung dieses Rechtes nicht auf einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Anspruch des Stifters oder eines Begünstigten gegen die Privatstiftung begründet werden. Die Einsetzung eines dem Stifter oder den Begünstigten wohlgesonnenen Stiftungsvorstands allein kann nicht automatisch zur Begründung eines vermögensrechtlichen Anspruchs des Stifters oder der Begünstigten gegen die Privatstiftung führen. Der Stiftungsvorstand hat aufgrund der ihn treffenden gesetzlichen Sorgfaltspflicht die Geschäfte der Stiftung nach § 17 Abs 1 PSG objektiv sorgfältig zu führen und er haftet der Stiftung für allfällige Schäden aus einer nicht sorgfaltsgemäßen Geschäftsführung.
ME kann sich ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Stiftungsvorstands dann ergeben, wenn dieser trotz des statutarischen Gebots der Ausschüttung an Begünstigte solche Ausschüttungen aufgrund des drohenden Gläubigerzugriffs auf Druck des Stifters unterlässt oder eine entsprechende Klausel der Stiftungsurkunde ihn bei drohenden Gläubigerzugriffen an der Vornahme von weiteren Ausschüttungen hindert. Anders gelagert ist die Situation auch dann, wenn dem Stifter das Recht vorbehalten ist, die Begünstigten auszuwählen oder den Umfang der Ausschüttungen festzulegen und der Stifter damit einen ihm zukommenden vermögensrechtlichen Anspruch gegen die Stiftung auf Ausschüttungen herbeiführen kann. Nach der Judikatur des OGH können auch sonstige Stifterrechte, wie etwa das Recht zur Einsetzung von Begünstigten, einem exekutiven Zugriff unterliegen. Nach Ansicht des OGH bedeutet die Möglichkeit der Pfändung der Gesamtrechte des Stifters bedeutet noch nicht automatisch die Zulässigkeit der Verwertung durch Ermächtigung des betreibenden Gläubigers, alle Einzelrechte des Stifters auszuüben. Der Auffangtatbestand der Exekution auf andere Vermögensrechte nach den Bestimmungen der §§ 331 ff EO soll sicherstellen, dass alle denkbaren Vermögenswerte des Verpflichteten in Exekution gezogen werden können. Entgegen den einem Vorbehalt zugänglichen Stifterrechten, die pfändbare Vermögensrechte darstellen, ist das Recht auf Organbestellung selbst kein eigenständiges Vermögensobjekt und verschafft dem Berechtigten auch nicht unmittelbar eine vermögenswerte Rechtsposition. Nach Ansicht des OGH kann jedoch die Einflussmöglichkeit auf den Vorstand durch Drohung mit der Abberufung, durch tatsächliche Abberufung und Neubestellung eines Vorstands aber mittelbar zu geldwerten Erträgnissen aus dem Stiftungsvermögen führen. § 333 Abs 1 EO stellt darauf ab, dass das gepfändete Recht Anspruch auf Ausfolgung einer Vermögensmasse gewährt. Das Recht selbst muss zwar nicht verwertbar sein, es muss aber seinerseits den Zugriff auf ein verwertbares Vermögen ermöglichen. Nach Arnold ist ein Bestellungs- oder Abberufungsrecht nicht einem Vermögensrecht gleichzusetzen, da bei einer Bestellung des Stiftungsvorstands durch den Gläubiger der Vorstand infolge seiner Bindung an die Stiftungserklärung nach § 17 Abs 1 PSG nur entsprechend dem Stiftungszweck entscheiden darf. Auch nach Csoklich sind Abberufungs- und Bestellungsrechte von Vorstandsmitgliedern nicht exekutionsfähig, weil sie keine vermögenswerten Rechte darstellen. Sowohl Csoklich als auch Arnold scheinen in Fällen des Gläubigerzugriffs daher von einem rechtmäßigen Verhalten des Stiftungsvorstands auszugehen, der kein Erfüllungsgehilfe des Stifters ist.
Grundsätzlich ist dazu auszuführen, dass Bestellungs- und Abberufungsrechte der Kontrolle und Durchsetzung der Pflichten des Vorstands durch den Stifter dienen. Bestellungs- und Abberufungsrechte können nach Ansicht des OGH jedoch gewissermaßen als Beugemittel dazu missbraucht werden, den Vorstand oder diesen im Umweg über andere Organe, wie etwa dem Beirat, zu einem regelwidrigen Verhalten zu veranlassen, beispielsweise dadurch, dass der Vorstand entgegen dem auszulegenden Stiftungszweck keine Versorgungsleistungen aus den Erträgnissen der Privatstiftung vornimmt und diese zur Vereitelung von Gläubigerzugriffen thesauriert. Für einen solchen Fall ist nach Ansicht des OGH danach zu fragen, ob der betreibende Gläubiger nach Einsetzung des Stifters als Begünstigten ein Rechtsschutzbedürfnis an der angestrebten Ermächtigung zur Bestimmung der Mitglieder des Organs der Stiftung (wie etwas des Beirats) hat und ob ein solches Vorgehen mit den gesetzlich zulässigen Verwertungsmittel, wie etwa den Bestimmungen der §§ 331 ff EO, Deckung findet.
In Ermangelung von Regelungen in der Stiftungserklärung über die Art und Umfang von Zuwendungen an die Begünstigten, hat der Vorstand nach seinem pflichtgemäßen Ermessen darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe die Privatstiftung dem Begünstigen Zuwendungen zuteilt. Dieses Ermessen ist an den Stiftungszweck gebunden und es wäre also infolge nicht ausreichend bestimmter Regelung in der Stiftungserklärung ein klagbarer Anspruch des Begünstigten zu verneinen, könnte ein betreibender Gläubiger diesen Anspruch des Begünstigten auch nicht im Wege einer Drittschuldnerklage gegen die Privatstiftung durchsetzen, auch wenn der Vorstand pflichtwidrig unter Ermessensüberschreitung dem Begünstigten Zuwendungen versagen würde. Dem Begünstigten selbst verbliebe nur das Antragsrecht auf Abberufung des Vorstands wegen grober Pflichtverletzung gemäß § 27 Abs 2 PSG.
3. Möglichkeiten einer exekutiven Organbestellung
Der OGH hat sich in diesem Zusammenhang in einer Entscheidung eingehend mit der Thematik der Pfändung eines Bestellungsrechts für den Stiftungsbeirat befasst und ausgeführt, dass die von einem Betreibenden angestrebte Ermächtigung zur Ausübung des Stifterrechts auf Bestimmung der Beiratsmitglieder dann zulässig sein kann, sofern dies der einzige Weg ist, den Vorstand zur Einhaltung pflichtgemäßen Handelns zu zwingen. In einer grundlegenden Auseinandersetzung könnte dagegen freilich eingewendet werden, dass eine solche exekutive Organbestellung einen massiven Eingriff in die Organisation der Privatstiftung darstellen würde und deren Vermögensverwaltung insgesamt auch für vom exekutiven Zugriff nicht umfassten Vermögens wesentliche Nachteile mit sich bringen könnte.
Nach Ansicht des OGH würde es jedoch zu weit gehen, dem Gläubiger schon vorweg wegen befürchteter Missbräuche des Vorstands Bestellungs- und Abberufungsrechte zur Verfügung zu stellen. Ein Stifter wird üblicherweise erwarten, dass ein von ihm bestellter und ihm verbundener Vorstand in seinem Sinne entgegen den Interessen der betreibenden Gläubigerin tätig sein oder bleiben werde. Es kann aber nach der Ansicht des OGH nicht von vorneherein unterstellt werden, dass der Vorstand nach erfolgter Einsetzung des Stifters als Begünstigten an diesen entgegen dem Versorgungszweck unter Verletzung des § 17 Abs 1 PSG keine Zuwendungen vornehmen wird, da der Vorstand doch eine allfällige Klageführung gegen die Privatstiftung und eine Haftung gemäß § 29 PSG wegen Verletzung der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters riskiert und iSd. des gebotenen stufenweisen Vorgehens kommt eine vom betreibenden Gläubiger angestrebte Ermächtigung zur Bestimmung der Mitglieder des Beirats noch nicht in Frage. Das bloße Bescheinigen einer Gefahr reicht für den exekutiven Zugriff auf ein Abberufungs- oder Bestellungsrecht daher nicht aus. Die Geltendmachung eines Risikos, dass die betreibende Partei trotz einer Ermächtigung zur Bestellung des Begünstigten keine Befriedigung erlangen werde, ist lediglich eine Prognose über ein allfälliges künftiges, der Stiftungserklärung zuwiderlaufendes Verhalten der Organe der Privatstiftung und keine Argumentation zur Frage der Zulässigkeit der angestrebten Ermächtigung. Weiters könnte einer angestellten Risikoprognose eine Gegenprognose entgegengestellt werden, dass auch ein vom ermächtigten betreibenden Gläubiger bestellter Beirat in dessen Interesse unter Missachtung des Stiftungszwecks tätig sein und übermäßige Zuwendungen an den Begünstigten vornehmen würde. Eine Ermächtigung eines betreibenden Gläubigers zur Bestellung neuer Beiratsmitglieder kommt demnach erst dann in Frage, wenn mit der Ermächtigung zur Bestimmung des Verpflichteten als Begünstigten der Privatstiftung an diesen vom Vorstand entgegen der auszulegenden Stiftungserklärung und daher nach § 17 Abs 1 PSG rechtswidrig keine Versorgungszuwendungen erfolgen. Da nach den Bestimmungen des PSG reine Selbstzweckstiftungen nicht möglich sind, muss der Stiftungsvorstand zwangsläufig Ausschüttungen an die Begünstigten vornehmen. Die Bescheinigung der ausbleibenden Begünstigtenzahlungen ist für den Gläubiger jedoch mit einem hohen Aufwand verbunden. Er hat nachzuweisen, dass Begünstigtenzahlungen unterblieben sind und es stellt sich die Frage, ob dem Schuldner im exekutiven Verwertungsverfahren gerichtlich aufgetragen kann, Begünstigtenzahlungen offenzulegen, oder der betreibende Gläubiger müsste im Wege einer prozessual sehr aufwendigen Stufenklage und vorgeschalteten Auskunftsbegehrens gegen den Stifter als Begünstigten vorgehen. In der Praxis wäre es denkbar, im Falle einer bereits erfolgten Pfändung des Stifters als Schuldner als probates Bescheinigungsmittel die Abgabe einer Vermögenserklärung durch den Stifter zu veranlassen, in welcher dieser Begünstigtenzahlungen bei sonstiger Strafdrohung anzugeben hat.
Im Ergebnis lässt sich aus der Judikatur des OGH ableiten, dass die Pfändung von Organernennungsrechten nur bei Versagen aller Schutzmechanismen und bei offenkundige rechtsmissbräuchlichem Verhalten zulässig sind und sofern sonstige Verwertungsschritte des betreibenden Gläubigers nicht erfolgreich sind bzw. Vereitelungsmaßnahmen nachweisbar auf ein rechtswidriges Verhalten des Stiftungsvorstands zurückzuführen sind. Ist daher im Falle einer Überschreitung des Stiftungszwecks durch den Vorstand eine Verwertung der Ernennungsrechte des Stifters durch den betreibenden Gläubiger als einziges Druckmittel des Gläubigers anzusehen, kann ein solches Ernennungsrecht aus Billigkeitserwägungen heraus jedenfalls als vermögenswertes Recht zu qualifizieren sein. Wird der Stiftungszweck jedoch sehr allgemein und weit gefasst, kommt dem Stiftungsvorstand weitreichendes Ermessen zu und in einem solchen Fall kann der Stiftungsvorstand im Rahmen seines Ermessensspielraums und ohne die Interessen der Stiftung negativ zu berühren Entscheidungen treffen, die Gläubigerinteressen schaden. In vielen Fällen werden die Grenzen der Zulässigkeit der Pfändbarkeit daher nicht zu eng gezogen werden dürfen. Ein stifterfreundlicher Vorstand könnte möglicherweise, ohne rechtswidrig zu handeln, dazu tendieren, Entscheidungen zu treffen, die den Gläubigern schaden. Auch in solchen Fällen wäre die Verwertung der Ernennungs- und Abberufungsrechte des Stifters die einzige Möglichkeit für den Gläubiger, Zugang zu verwertbarem Vermögen zu erlangen, und daher wären Ernennungs- und Abberufungsrechte als verwertbares Vermögen gemäß § 331 EO pfändbar. Zwar stellt die Verwertung des Rechts zur Organbestellung einen massiven Eingriff in die Organisation der Privatstiftung dar, jedoch spricht dies im Fall der eben geschilderten Konstellation vielerorts nicht gegen die Zulässigkeit einer Verwertung dieser Rechte im Exekutionsverfahren, weil die Verwertung anderer Rechte wie des Änderungsrechts und des Widerrufsrechts zu weit massiveren Eingriffen führen würde. Weiters stellt sich die Frage, ob der Grundsatz der stufenweisen Vorgehensweise bei der Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO auf die hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen anders gelagerte Vermögensexekution nach § 331 EO übertragbar ist und ob ein stufenweises Vorgehen bei eklatanter Missbrauchsgefahr bei einer Abwägung zwischen den betroffenen Interessen tatsächlich erforderlich ist.