Gerichtliche Abberufung eines Gesellschafter Geschäftsführers

Drucken
GmbH

Gerichtliche Abberufung eines Gesellschafter Geschäftsführers

Dienstag, 21 Juni, 2016

Oftmals sind die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch Geschäftsführer der Gesellschaft. Soll nun einer der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH von seiner Funktion abberufen werden, wird in der Regel eine Generalversammlung einberufen und in dieser ein Beschluss auf Widerruf der Geschäftsführungsbefugnis des betroffenen Geschäftsführers gefasst. Ein solcher Beschluss bedarf in der Regel und sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 16 Abs 1 GmbHG).

Verfügt der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer nunmehr aber aufgrund seines beherrschenden Anteils an der Gesellschaft über so viele Stimme, dass er einen Beschluss über den Widerruf seiner Geschäftsführungsbefugnisse verhindern kann, so bedarf es einer anderen Möglichkeit der übrigen Gesellschafter den Gesellschafter-Geschäftsführer als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen zu können.

1. Gesetzliche Grundlagen

Für den oben beschriebenen Fall sieht § 16 Abs 2 GmbHG eine Lösung vor. Nach dieser Bestimmung kann ein Geschäftsführer aus einem wichtigen Grund durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden. Das Gericht kann dabei zur Sicherung des Anspruchs auf Abberufung aus wichtigem Grund dem Geschäftsführer die weitere Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft durch einstweilige Verfügung untersagen, wenn ein der Gesellschaft drohender unwiederbringlicher Nachteil glaubhaft gemacht wird.

2. Voraussetzungen für eine Klage auf Abberufung aus wichtigem Grund

Klageberechtigt nach § 16 Abs 2 GmbHG sind nach überwiegender Auffassung die übrigen Gesellschafter und zwar als notwendige Streitgenossen.

Widerstrebende Gesellschafter können von jenen, die die Klage nach § 16 Abs 2 GmbHG anstrengen wollen, nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichthofes auf Zustimmung in Anspruch genommen werden. Das folgt nach Ansicht der herrschenden Lehre aus der Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft. Den Anspruch geltend machen kann jeder einzelne Gesellschafter. Die Klage auf Mitwirkung der nicht die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers betreibenden Gesellschafter kann mit der Abberufungsklage nach § 16 Abs 2 GmbHG verbunden werden. Die Klage setzt nicht voraus, dass vorher in einer Gesellschafterversammlung der aufgrund der Mehrheitsverhältnisse aussichtslose Versuch unternommen wird, den Gesellschafter-Geschäftsführer auf regulärem Weg nach § 16 Abs 1 GmbHG abzuberufen.

Beklagter der Abberufungsklage nach § 16 Abs 2 Satz2 GmbHG ist stets ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mittels Einsatz seiner Stimmacht einen Abberufungsbeschluss gemäß § 16 Abs 1 oder Abs 3 GmbHG verhindern kann. Eine Abberufungsklage gegen einen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer ohne Sonderrecht auf Geschäftsführung und ohne blockierendes Stimmgewicht ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Die Klage auf Abberufung ist zudem auch zulässig, wenn der Beklagte alleiniger Geschäftsführer ist oder aus bestimmten Gründen unentbehrlicher ist. Wird der einzige Geschäftsführer abberufen kann es nämlich zur Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 15a GmbHG kommen.

Sachlich zuständig für eine Klage nach § 16 Abs 2 GmbHG ist die Handelsgerichtsbarkeit. Bei einem 15.000,00 Euro übersteigenden Streitwert sind das Handelsgericht Wien bzw die Landesgerichte in Handelssachen für die Klage zuständig. Bei einen Streitwert unter € 15.000,00 sind das Bezirksgericht für Handelssachen bzw die allgemeinen Bezirksgerichte in Handelssachen zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach allgemeinen Regeln wobei auch der Wahlgerichtstand des § 92b JN (Sitz der Gesellschaft) herangezogen werden könnte.

Weitere Voraussetzung der Klage auf Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist schließlich, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der zur Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers führt.

3. Wichtige Gründe, welche zur Abberufung führen

Das GmbHG sieht keine Aufzählung von wichtigen Gründen vor, bei deren Vorliegen es zu einer Abberufung eines Gesellschaftergeschäftsführers kommen muss. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre kommt es bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt stets auf den Einzelfall an. In der Lehre werden oftmals eine grobe Pflichtverletzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer und Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung als wichtiger Grund, welcher zu einer Abberufung führen kann angegeben. Nach der Rechtsprechung sind für die Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur Abberufung eines Geschäftsführers einer GmbH alle Umstände berücksichtigungsfähig, welche die Belange der Gesellschaft gefährden oder ihr die Beibehaltung des Geschäftsführers unzumutbar machen.

Zu würdigen sind dabei stets die Gesamtumstände des Einzelfalls, also etwa auch bisherige Verdienste des Geschäftsführers, die Restdauer seiner Bestellung, das Verhalten von Mitgesellschaftern bzw anderen Gesellschafter-Geschäftsführern aber auch das Schadenspotential der Fehlentwicklung, ihr vorübergehender oder dauernder Charakter.

Wichtige Gründe, welche eine gerichtliche Abberufung ermöglichen, sind nach der Lehre unter anderem:

  • Grobe Pflichtverletzung und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung;
  • Alters- oder krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Pflichterfüllungsfähigkeit;
  • Verdacht einer strafbaren Untreuehandlung;
  • Verhinderung der Ausübung der Tätigkeiten durch Untersuchungshaft;
  • Mangelnde Offenheit gegenüber dem Aufsichtsrat;
  • Zerwürfnis zwischen Geschäftsführern, das eine weitere Zusammenarbeit unmöglich macht;
  • Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nach § 24 Abs 1 erster Fall GmbHG;
  • Nichteinschreiten gegen Mitgeschäftsführer, obwohl Verdachtsmomente auf Pflichtverletzungen bekannt wurden;
  • Nichtstellen eines Konkursantrages trotz Vorliegens der Insolvenzreife;
  • Stellen eines auf subjektiver Überzeugung beruhenden, aber unberechtigten Konkursantrag, obgleich es sowohl möglich als auch zumutbar gewesen wäre zu erkennen, dass bei der GmbH nur eine rechnerische, nicht jedoch insolvenzrechtliche Überschuldung vorgelegen war;
  • Mangelnde Offenheit gegenüber anderer Gesellschaftsorgane (Generalversammlung, ggf Aufsichtsrat), aber auch einem Beirat;
  • Mangelnde Sorgfalt beim Abschluss von Insichgeschäften;
  • Missachtung von Weisungen, internen Geschäftsführungsbeschränkungen oder Mitwirkungsrechten anderer Geschäftsführer oder Gesellschafter;
  • Nichteinholung der Zustimmung bei zustimmungspflichtigen Geschäften;
  • Verletzung von Informationspflichten, fahrlässigerweise nicht und später nur unrichtige und unvollständige Informationen der Organe der Gesellschaft über eine alarmierende ungünstige wirtschaftliche Entwicklung;
  • Unerlaubte Provisionsannahme für Geschäfte der Gesellschaft mit Dritten;
  • Heranziehung von Arbeitnehmer der Gesellschaft zu privaten Zwecken;
  • Mangelhafte Führung des Kassabuches, widerrechtliche Entnahmen, Schwarzverkäufe oder Schwarzumsätze;

Fristen für die Erhebung einer Klage auf Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bzw für die Geltendmachung eines wichtigen Grundes zur Abberufung gibt es grundsätzlich nicht. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass sich ein zu langes Zuwarten mit der Erhebung einer Klage auf Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers negativ auf die Beurteilung des Gerichts auswirkt. Ein zu langes Zuwarten könnte dazu führen, dass das Gericht im geltend gemachten Abberufungsgrund keinen wichtigen Grund mehr erblickt, und sohin die Klage abweist. Ein Zuwarten könnte nämlich die Vermutung nahe legen, dass die geltend gemachten wichtigen Gründe die weitere Geschäftsführung offenbar gar nicht unzumutbar gemacht haben.