Gleicher Lohn für Frauen - Entscheidung des Deutschen Bundesgericht

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Gleicher Lohn für Frauen - Entscheidung des Deutschen Bundesgericht

Freitag, 24 Februar, 2023

 

Deutsches Bundesgericht entschied: Frauen haben Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen, und zwar auch dann, wenn die Männer selbst individuell höhere Gehälter aushandelten.

Bei der Einstellung von Männern und Frauen müssen Arbeitgeber bei gleicher Arbeit den gleichen Lohn zahlen. Auch wenn männliche Bewerber durch Verhandlungsgeschick höhere Gehaltsforderungen durchsetzen, dürfe eine weibliche Bewerberin bei ihrem neuen Job nicht schlechter bezahlt werden, entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Eine ungleiche Bezahlung weise sonst auf eine verbotene Diskriminierung wegen des Geschlechts hin. (8 AZR 450/21

Geklagt hatte eine Mitarbeiterin eines Metallunternehmens in Meißen bei Dresden. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses im März 2017 wurden ihr 3500 Euro monatlich in der Probezeit angeboten. Ab November sollte noch eine erfolgsabhängige Vergütung zusätzlich gezahlt werden. Die Frau willigte ein. Sie stellte später fest, dass zwei männliche Kollegen deutlich höhere Gehälter hatten als sie. Ein Kollege, der drei Monate früher eingestellt wurde und den gleichen Vertriebsjob bei der Firma machte, verdiente in der Probezeit rund 1000 Euro mehr. Nach Einführung eines Tarifvertrags betrug der Gehaltsunterschied immer noch etwa 500 Euro. Die 44-jährige Dresdnerin sah sich wegen ihres Geschlechts benachteiligt, verlangte ebenfalls eine höhere Vergütung und einen Lohnnachschlag.

Der Arbeitgeber rechtfertigte dagegen den Unterschied mit dem besseren Verhandlungsgeschick des Mannes. Beiden sei zunächst das gleiche Gehaltsangebot gemacht worden, der Mann habe mehr gefordert, um den Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Zudem sollte er eine Leitungskraft ersetzen. Der Arbeitgeber berief sich bei der unterschiedlichen Bezahlung auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit und hatte damit in den Vorinstanzen beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht in Sachsen noch Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht ließ die Argumentation der Firma dagegen nicht gelten. Es sprach der Frau 14.500 Euro entgangenen Lohn und zudem eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von 2000 Euro zu. Ihr Arbeitgeber habe "die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt", sagte die Vorsitzende Richterin Anja Schlewing. Wenn Frauen und Männer wie im verhandelten Fall bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt werden, begründe das die Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts. Diese Vermutung könne der Arbeitgeber nicht damit entkräften, dass der Mann besser verhandelt habe oder perspektivisch für einen Leitungsjob vorgesehen sei, so Schlewing. Die Bundesrichter kippten damit Urteile der Vorinstanzen in Sachsen in großen Teilen.

2022 lag der geschlechterspezifische Verdienstabstand laut Deutschem Statistischem Bundesamt im Durchschnitt bei 18 Prozent. Das liegt zum Teil allerdings auch daran, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen die Vergütung geringer ist und Frauen viel häufiger in Teilzeit arbeiten. Bei vergleichbarer Qualifikation, Arbeit, Arbeitszeit und Erwerbsbiografie - dem sogenannten bereinigten "Gender Pay Gap" - lag der Unterschied bei sieben Prozent.

Referenz siehe Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2023 – 8 AZR 450/21 –
Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 3. September 2021 – 1 Sa 358/19 –

Art. 157 Abs. 1 AEUV: Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.

§ 3 EntgTranspG (Verbot der unmittelbaren und mittelbaren Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts):

(1) Bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen verboten.