Neue Rechtsprechung zum Stimmverbot bei der Entlastung eines Geschäftsführers

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Litigation

Neue Rechtsprechung zum Stimmverbot bei der Entlastung eines Geschäftsführers

Mittwoch, 15 Januar, 2014

Der Oberste Gerichtshof hat sich in zwei Entscheidungen mit der Thematik der Entlastung von Geschäftsführern einer GmbH auseinandergesetzt.

Allgemein ist festzuhalten, dass die Entlastung von Geschäftsführern einer GmbH als Billigung der Geschäftsführung für die Vergangenheit sowie als Ausdruck des Vertrauens für die Zukunft anzusehen ist. Die Entlastung bezieht sich dabei im Regelfall auf das abgelaufene Geschäftsjahr und beurteilt pauschal die Geschäftsführung entweder sämtlicher oder einzelner Geschäftsführer. Die zentrale Rechtswirkung der Entlastung besteht in der Präklusion der nachträglichen Geltendmachung haftungsbegründender Tatsachen. Es kommt somit bei einer Erteilung der Entlastung zur Enthaftung der Geschäftsführer und zu einem Verzicht auf Schadenersatzansprüche wegen Pflicht- bzw Sorgfaltspflichtverstößen.

Aufgrund dieser weitreichenden Wirkung der Entlastungsentscheidung ist hinsichtlich eines Gesellschafters, der gleichzeitig auch zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt wurde, zu klären, wer bei der Beschlussfassung stimmberechtigt ist. Nach dem GmbHG hat ein Gesellschafter, der durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit oder dem ein Vorteil zugewendet wird, weder im eigenen noch im fremden Namen ein Stimmrecht. Unter diese Bestimmung fällt auch der Entlastungsbeschluss. Der zu entlastende Gesellschafter-Geschäftsführer kann dementsprechend bei der Beschlussfassung über seine eigene Entlastung nicht mitwirken.

In seiner Entscheidung vom 28.8.2013, 6 Ob 88/13d, beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof nun mit der Frage, ob bei einer getrennten Abstimmung über die Entlastung mehrerer selbständig vertretungsbefugter Gesellschafter-Geschäftsführer das Stimmverbot nur für das jeweils zu entlastende Mitglied der Geschäftsführung gilt oder aber die Mitgeschäftsführer ihr Stimmrecht ebenfalls nicht ausüben dürfen.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung ausgesprochen, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nur bei der Beschlussfassung über seine eigene Entlastung nicht mitwirken darf, sondern auch bei der Abstimmung über die Entlastung eines Mitgeschäftsführers einem Stimmverbot unterliegt. Dieses Stimmverbot kommt nur dann nicht zum Tragen, wenn ausnahmsweise nicht auch die Billigung des eigenen Verhaltens des entlastenden Gesellschafter-Geschäftsführers in Rede steht. Für den Fall eines Beschlusses, mit dem die Entlastung des Mitgeschäftsführers für einen vier Geschäftsjahre umfassenden Zeitraum erteilt wird, in welchem der mitstimmende Gesellschafter auch Geschäftsführer war, herrscht dementsprechend ein Stimmverbot. Soll die Entlastung aber für einen Zeitraum erfolgen, in dem der abstimmende Mitgeschäftsführer selbst (noch) nicht Geschäftsführer war, besteht kein Stimmverbot.

Wenn nun ein vom Stimmrecht ausgeschlossener Gesellschafter an der Beschlussfassung über die Entlastung mitwirkt und dessen Stimme berücksichtigt wird, liegt ein anfechtbarer Beschluss vor, der, wie der OGH in seiner Entscheidung vom 28.8.2013, 6 Ob 22/13y dargelegt hat, innerhalb eines Monats vom Tag der Absendung der Kopie des Protokolls an die Gesellschafter durch Einbringung einer Klage bekämpft werden kann. Klageberechtigt ist jeder Gesellschafter, der in der Generalversammlung gegen den Beschluss Widerspruch zu Protokoll gegeben hat. Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten.

Da der Entlastungsbeschluss eine Ermessensentscheidung der Gesellschafter ist, ist ein positiver Beschluss im Allgemeinen aber nicht schon deshalb anfechtbar, weil die Entlastung wegen einer Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers hätte verweigert werden können, wohl aber, wenn die Gesellschafter ihr Stimmrecht missbräuchlich ausgeübt haben oder ein schwerwiegender Inhaltsmangel vorliegt.