Neuerungen für Geschäfte mit Konsumenten durch die Richtlinie über Verbraucherrechte
Neuerungen für Geschäfte mit Konsumenten durch die Richtlinie über Verbraucherrechte
1. Einleitung
Im Oktober 2008 hat die Europäische Kommission erstmals einen umfassenden Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher veröffentlicht, der jedoch aufgrund der geplanten Änderungen und Bestimmungen für reichlich Diskussion und Ablehnung gesorgt hat (zB 10 Jahre Gewährleistungsfrist, 1 Jahr Beweislastumkehr bei Vermutung eines Mangels). Letztlich wurde ein Kompromissvorschlag angenommen und im November 2011 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die neue Richtlinie (RL 2011/83/EU) beinhaltet insbesondere neue rechtliche Regelungen für Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge, aber auch generell Informationspflichten für in Geschäftsräumen geschlossene Verträge sowie allgemeine Regelungen über den Lieferverzug oder den Gefahrenübergang. Da jedoch in der Richtlinie in weiten Teilen eine Vollharmonisierung vorgeschrieben ist, ist der Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten stark begrenzt und die Mitgliedstaaten dürfen – abgesehen von wenigen optionalen Ausnahmen – von der Richtlinie weder zu Gunsten noch zu Lasten der Verbraucher abweichen, so dass auch der österreichische Umsetzungsentwurf inhaltlich stark an diese Richtlinie angepasst sein wird.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet die Richtlinie bis zum 13. Dezember 2013 in das nationale Recht umzusetzen. Ab dem 13. Juni 2014 sind die Bestimmungen anzuwenden und Unternehmer müssen ab diesem Zeitpunkt ihre Homepages, Webshops, Versandkataloge etc entsprechend an die neuen Regelungen anpassen.
2. Anwendungsbereich
Die Richtlinie gilt ganz allgemein für Verträge (Kauf, Dienstleistungs- oder sonstige Verträge) zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Verbraucher im Sinne der Richtlinie ist jede natürliche Person, die in einem Bereich Geschäfte abschließt, der außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegt. Auf Verträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern sind die Bestimmungen dieser Richtlinie nicht anzuwenden.
Sachlich ist die Richtlinie auf Fernabsatzverträge, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sowie sonstige Verbrauchergeschäfte anzuwenden. Wobei insbesondere Finanzdienstleistungen, soziale Dienstleistungen, Pauschalreisen, Gesundheitsdienstleistungen, Übertragung (Verkauf) von Immobilen von der Anwendung der Richtlinie ausgeschlossen sind bzw für Beförderungsdienstleistungen Teilausnahmen bestehen. Zusätzlich kann auch für außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge deren Gegenleistung 50,- Euro nicht übersteigt eine nationale Ausnahme geschaffen werden.
3. Neuerungen
Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher (RL 2011/83/EU) beinhaltet insbesondere folgende Neuerungen:
3.1 Vorvertragliche Informationspflichten für Fernabsatzverträge und für Außergeschäftsraumverträge
Der Verbraucher ist entsprechend der Richtlinie sowohl bei Fernabsatzverträgen als auch bei solchen Verträgen die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden in klarer und verständlicher Weise vor Abschluss des Vertrages zu informieren. Die Informationspflichten des Unternehmers betreffen vor allem wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung, den Preis, die Identität, die Anschrift sowie die allgemeinen Kontaktdaten des Händlers und Zahlungs- Liefer- und Leistungsbedingungen. Ebenso ist dem Verbraucher der Termin der Warenlieferung bzw der Erbringung der Dienstleistung bekannt zu geben und er ist sowohl auf das 14 tägige Widerrufsrecht, über Bedingungen und Ausnahmen des Widerrufsrechts sowie über eine allfällige Kostenerstattung für innerhalb der Widerrufsfrist auf entsprechendes Verlangen begonnene Leistungen hinzuweisen. Auch eine allfällige Belehrung über eine allfällige Kostentragung hinsichtlich der Rücksendung der Ware muss enthalten sein. Ebenso müssen Hinweise auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren sowie auf das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien gegeben werden.
Für alle übrigen (sonstigen) Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern gelten eingeschränkte Informationspflichten (ua wesentliche Eigenschaften von Ware oder Dienstleistung, Name und Kontaktdaten des Händlers, Gesamtpreis, Zahlungs-, Leistungs- und Lieferbedingungen sowie Gewährleistung und Garantie).
Die Richtlinie selbst sieht Sanktionen für mangelnde Information jedoch lediglich in zwei Fällen vor: Bei fehlender oder mangelhafter Information über die Widerrufsmöglichkeit verlängert sich die Frist des Widerrufs auf bis zu 12 Monate und bei einer Verletzung der Informationspflicht über die Kostentragung einer allfälligen Rücksendung der Ware hat der Unternehmer jedenfalls die Kosten der Rücksendung zu tragen. Zusätzlich können und sollen im Rahmen der nationalen Umsetzung weitere Sanktionen festgelegt werden.
3.2 Widerrufsrecht
Bei Fernabsatzverträgen als auch bei solchen Verträgen die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden kann der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt bei Warenlieferungen grundsätzlich mit dem Tag zu laufen, an dem der Verbraucher in physischen Besitz der Ware gelangt (bzw bei Teillieferungen an dem Tag an dem der Verbraucher in physischen Besitz der letzten Teillieferung gelangt). Bei Dienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist mit dem Tag des Vertragsabschlusses. Sollte der Unternehmer den Verbraucher nicht über die Widerrufsfrist informieren, verlängert sich diese um 12 Monate. Nach erfolgtem Widerruf hat der Verbraucher die Ware binnen 14 Tagen an den Unternehmer zurückzusenden. Unter Umständen muss der Verbraucher bei Wertverlust der Ware dem Unternehmer diesen Wertverlust ersetzen, wenn er die Ware über das Maß einer angemessenen Prüfung der Beschaffenheit hinaus, verwendet hat (zB wenn er bestellte Kleidung getragen hat, anstelle diese nur anzuprobieren). Benützungsentgelt ist jedoch keines vorgesehen.
Ausnahmen von der Widerrufsrecht gelten ua für öffentliche Versteigerungen, versiegelte Waren, die aus des Gesundheitsschutz- oder Hygienegründen nicht zur Rücksendung geeignet sind, kundenspezifisch hergestellte Waren, verderbliche Produkte, versiegelte Ton- oder Bildaufnahmen sowie Software, Dienstleistung bei Beherbergung, Lieferung von Speisen oder Getränken.
3.3 „Button Lösung bei Fernabsatzverträgen“
Gemäß der Richtlinie muss der Unternehmer den Verbraucher bei einem auf elektronischem Wege geschlossenen Fernabsatzvertrag der den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, klar und in hervorgehobener Weise und unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung tätigt, auf die nunmehr entstehende Zahlungspflicht hinweisen und gleichzeitig auch die gemäß Informationspflicht notwendigen Informationen geben. Der Unternehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist (zB „Button“ mit Schriftzug „zahlungspflichtig bestellen“).
3.4 Sonstige Änderungen
Generell für Kaufverträge (also nicht nur bei Fernabsatzverträgen bzw bei solchen Verträgen die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurden), beinhaltet die Richtlinie Bestimmungen über den Zeitpunkt der Lieferung. Sofern nichts anderes über den Lieferzeitpunkt vereinbart wurde, soll die Ware unverzüglich, nicht jedoch später als 30 Tage nach Vertragsabschluss geliefert werden. Der Verbraucher kann bei nicht erfolgter Lieferung unter Setzung einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten (allfällige Schadenersatzpflichten bleiben unberührt).
Eine neue Regelung generell für Kaufverträge wird auch hinsichtlich des Risikoübergangs geschaffen: Das Risiko für Verlust oder Beschädigung der Waren beim Versendungskauf geht erst dann auf den Verbraucher über, wenn er oder ein von ihm benannter Dritter (der nicht der Beförderer ist), die Waren in Besitz genommen hat.
Außerdem ist es gemäß der Richtlinie nicht zulässig, von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Verwendung dieser Zahlungsmittel entstehen.
Ebenso dürfen dem Verbraucher bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mittels Hotline/Telefonleitung, die der Unternehmer eingerichtet hat, um Verbrauchern die Kontaktaufnahme mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag zu ermöglichen, keine höheren Kosten als der Grundtarif entstehen.