Überbuchung beim Flug – Was kann ich als Passagier begehren?

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Überbuchung beim Flug – Was kann ich als Passagier begehren?

Montag, 14 Januar, 2013

1. Der Flughafen – ein Ort der Überraschungen

Wem ist es noch nicht passiert? Man kommt zum Flughafen und der Flug ist überbucht. Die Fluglinien berufen sich standhaft auf „ihr Recht zum Überbuchen“. Doch auch der überbuchte Passagier hat Rechte, und diese sollte er kennen:


2. Rechte des Passagiers nach der Fluggastrechte-Verordnung Nr 261/2004

2.1. Zu den einzelnen Rechten

Es kommt immer wieder vor, dass Flüge überbucht sind und die Fluglinie dem Kunden trotz ordnungsgemäßer Buchung die Beförderung verweigert bzw ihn auf einen Ersatzflug verweist. In einer solchen Situation sollte der Passagier folgendes beachten:

Die Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen („Fluggastrechte-VO“) sieht vor, dass die Fluglinie zunächst versuchen muss, Freiwillige zu finden, welche auf ihren Flug verzichten. Dies gegen

• Erstattung des Flugpreises oder eine anderweitige Beförderung und
• Leistung einer – spontan zu vereinbarenden – Ausgleichsleistung (Geldbetrag, Gutschein, etc).

Ein sonstiger Anspruch steht dem Freiwilligen nicht zu. Erst wenn sich nicht genügend Freiwillige finden, ist die Fluglinie berechtigt, Kunden auch gegen ihren Willen die Beförderung zu verweigern. Solche Kunden haben sodann das Recht auf

• Eine Pauschalzahlung (sog „Ausgleichsanspruch“) abhängig von der Entfernung (€ 250 bis 1.500 km; € 400 von 1.500 km bis 3.500 km; € 600 ab 3.500 km): Wichtig: Der Kunde hat Anspruch auf Zahlung durch Bargeld, Überweisung oder Scheck. Ein Gutschein ist nur mit schriftlichem Einverständnis des Kunden zulässig. Unerheblich ist es, ob der Ticketpreis tatsächlich geringer war als die Pauschalzahlung. Die Fluglinie ist hingegen berechtigt, die Zahlung um 50 % zu kürzen, wenn der Kunde nicht später als zwei (bei € 250), drei (bei € 400) bzw vier (bei € 600) Stunden sein Reiseziel mittels anderweitiger Beförderung erreicht. Und

• Rücktritt vom Beförderungsvertrag und Erstattung des ursprünglichen Ticketpreises oder einen Rückflug zum ersten Abflugort zum ehestmöglichen Zeitpunkt oder eine anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühestmöglichen oder wunschgemäßen Zeitpunkt (sog „Unterstützungsleistung“). Und

• Unentgeltliche Mahlzeiten (in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit) und unentgeltliche Erfrischungen (in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit) und zwei unentgeltliche Telefongespräche/zwei Telefaxe/zwei E-Mails und unentgeltliche Hotelunterbringung (falls notwendig) samt Beförderung zum Hotel (sog „Betreuungsleistungen“): Weigert sich die Fluglinie, diese Leistungen zu erbringen, so kann der Kunde von ihr den durch die Weigerung entstandenen Schaden begehren. Das bedeutet, dass der Kunde zB auch selbst ein (angemessenes) Hotel buchen, sich Mahlzeiten und Erfrischungen besorgen und telefonieren kann und diese Kosten sodann von der Fluglinie als Schadenersatz begehren kann. Nach der deutschen Rsp ist die Fluglinie nicht berechtigt, diesen Anspruch auf die Pauschalzahlung anzurechnen, dh die Pauschalzahlung darf sich dadurch nicht vermindern.

2.2. Vorsicht mit der Pünktlichkeit

Vorsicht ist geboten, da die Ansprüche dann nicht bestehen, wenn der Passagier nicht rechtzeitig eingecheckt hat. Die rechtzeitige Check-In-Zeit ergibt sich aus den jeweiligen Beförderungsbedingungen der Fluglinie, ansonsten muss der Passagier zumindest 45 Minuten vorher einchecken.


3. Rechte des Passagiers aus dem Montrealer Übereinkommen

Nicht so geläufig – aber nicht minder wichtig – ist das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr („Montrealer Übereinkommen“). Nach diesem hat der Passagier Anspruch auf Ersatz sämtlicher Schäden, die ihm durch die Verspätung der Beförderung entstehen. Dies können Schäden in Form eines versäumten Anschlussfluges ebenso sein, wie Schäden in Form eines versäumten Geschäftsabschlusses. Eine Haftung der Fluglinie entfällt nur dann, wenn sie nachweisen kann, dass sie sämtliche zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens ergriffen hat, oder dass es ihr nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.