EU Parlament beschliesst Sammelklagen für die europäischen Verbraucher

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EU Parlament beschliesst Sammelklagen für die europäischen Verbraucher

Samstag, 26 Juni, 2021

Die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments und des Rates erzielten am 22. Juni 20202 eine Einigung über die ersten EU-weiten Regeln für kollektive Rechtsbehelfe und damit die sogenannten Sammelklagen.

Die neuen Regeln des europäischen Parlamentes verpflichten sämtliche Mitgliedstaaten, ein harmonisiertes Modell für Sammelklagen einzuführen. Damit sollen Verbraucher in Europa besser bei ureigensten geschützt werden, dass eine große Anzahl von Verbrauchern schädigt. Gleichzeitig sollen durch angemessene Garantien und insbesondere das Kostenrecht missbräuchliche Klagen vermieden werden. Das neue Gesetz zielt auch darauf ab, das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern, indem es die Instrumente zur Unterbindung illegaler Praktiken verbessert und den Verbrauchern den Zugang zur Justiz erleichtert.

Der Berichterstatter Geoffroy Didier (EVP, FR) sagte: "Wir haben uns bemüht, ein Gleichgewicht zwischen dem legitimen Schutz der Verbraucherinteressen und dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit für Unternehmen herzustellen. In jedem Mitgliedstaat gibt es mindestens eine Stelle, die für die Ausübung eines Rechtsbehelfs qualifiziert ist, wobei gleichzeitig Schutzmaßnahmen gegen missbräuchliche Regressansprüche vorgesehen sind. Europa muss zu einem Schutzschild werden, das die Menschen schützt. Diese neue Gesetzgebung bietet den Verbrauchern neue Rechte in ihrem täglichen Leben und zeigt, dass Europa einen Unterschied macht".

Die wichtigsten verbindlichen Regelungen für Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden im Folgenden kurz dargestellt. Die Frist zur Umsetzung ist bis spätestens 2023 vorgesehen, bis zu diesem Zeitpunkt sämtliche Mitgliedstaaten die Regelungen im nationalen Recht verankert haben müssen.

  • Jeder Mitgliedsstaat muss mindestens eine qualifizierte Stelle (eine Organisation oder eine öffentliche Einrichtung) benennen, die befugt ist und finanziell unterstützt wird, Unterlassungs- und Rechtsschutzklagen im Namen von Verbrauchergruppen einzuleiten und den Zugang der Verbraucher zum Recht zu gewährleisten;
  • Bei den Kriterien für die Benennung qualifizierter Einrichtungen unterscheiden die Regeln zwischen grenzüberschreitenden Fällen und inländischen Fällen. Bei den ersteren müssen die Einrichtungen eine Reihe harmonisierter Kriterien erfüllen. Sie müssen eine 12-monatige Tätigkeit zum Schutz der Verbraucherinteressen vor ihrem Antrag auf Ernennung als qualifizierte Einrichtung nachweisen, einen gemeinnützigen Charakter haben und sicherstellen, dass sie unabhängig von Dritten sind, deren wirtschaftliche Interessen dem Verbraucherinteresse entgegenstehen;
  • Für innerstaatliche Klagen werden die Mitgliedstaaten geeignete Kriterien festlegen, die mit den Zielen der Richtlinie in Einklang stehen und die die gleichen sein könnten wie die für grenzüberschreitende Klagen;
  • Die Regeln schaffen ein Gleichgewicht zwischen dem Zugang zum Recht und dem Schutz der Unternehmen vor missbräuchlichen Klagen durch die Einführung des Grundsatzes der Zahlungspflicht der unterlegenen Partei („Verlierer-zahlt-Prinzip") durch das Parlament, das sicherstellt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens der erfolgreichen Partei trägt;
  • Um missbräuchliche Klagen weiter zu vermeiden, bestanden die Verhandlungsführer des Parlaments auch darauf, dass Gerichte oder Verwaltungsbehörden entscheiden können, offensichtlich unbegründete Fälle zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Verfahrens in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht abzuweisen;
  • Die Verhandlungsführer waren sich einig, dass die Kommission prüfen sollte, ob ein Europäischer Bürgerbeauftragter für kollektive Rechtsbehelfe eingerichtet werden sollte, um grenzüberschreitende repräsentative Aktionen auf Unionsebene zu behandeln;
  • Der Anwendungsbereich der kollektiven Klage würde neben dem allgemeinen Verbraucherrecht auch Verstöße von Händlern in Bereichen wie Datenschutz, Finanzdienstleistungen, Reisen und Tourismus, Energie, Telekommunikation, Umwelt und Gesundheit sowie Rechte von Flug- und Bahnreisenden umfassen.

Damit die von dem europäischen Parlament ausgehandelte Richtlinie auch tatsächlich verbindlich wird, muss auch noch das Parlament in einer Plenarsitzung die ausgehandelte Vorlage sanktionieren und der Rat der politischen Einigung zustimmen. Die Richtlinie wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben dann 24 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, und weitere sechs Monate, um sie anzuwenden. Die Richtlinie über repräsentative Maßnahmen ist Teil des „New Deal for Consumers“, der im April 2018 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen wurde, um einen stärkeren Verbraucherschutz in der EU zu gewährleisten. Sie umfasst stärkere Verbraucherrechte im Internet, Instrumente zur Durchsetzung von Rechten und Entschädigungen, Strafen bei Verstößen gegen das EU-Verbraucherrecht und verbesserte Geschäftsbedingungen.

Dr Christoph Kerres LLM (Georgetown)

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